14. September, 2024

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Digitale Kontrolle am Arbeitsplatz – Wie weit dürfen Chefs gehen?

Die Grenzen der Mitarbeiterüberwachung: Was ist erlaubt und wo können Arbeitnehmer sich wehren?

Digitale Kontrolle am Arbeitsplatz – Wie weit dürfen Chefs gehen?
Während die Videoüberwachung Arbeitsplätze sichern kann, stellt sie auch eine potenzielle Verletzung der Privatsphäre dar, die in einigen Fällen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstoßen könnte.

Grenzen der Kontrolle im Fokus

E-Mails mitlesen? Die Druckerhistorie checken? Um die Leistung der Mitarbeiter zu kontrollieren, neigen einige Chefs zu ungewöhnlichen Kontroll-Methoden. Doch was ist eigentlich erlaubt?

Was Chefs wissen wollen

Wann kommen die Mitarbeiter zur Arbeit, wer geht zu lange auf die Toilette und wie lange wird während der Arbeitszeit eigentlich mit den Kollegen gequatscht?

Es gibt Chefs, die am liebsten alles kontrollieren würden. Doch in vielen Fällen ist das gar nicht erlaubt. Wie weit Vorgesetzte gehen dürfen, ist eine komplizierte Frage. Die Antwort fällt abhängig vom Kontext unterschiedlich aus.

Fallbeispiel: Überwachung bei Amazon

Wie umstritten das Thema ist, zeigt ein Fall eines Logistikzentrums von Amazon, der im vergangenen Jahr beim Verwaltungsgericht Hannover lag: Demnach überwachte Amazon jeden Arbeitsschritt der Mitarbeiter ununterbrochen, aktuell und minutengenau.

Mitarbeiter mussten dafür Handscanner nutzen, um die Abfertigung zu dokumentieren. Das System erkannte so, welcher Mitarbeiter wie viel gescannt hat. Die Daten wertete Amazon über eine Software aus und verwendete die Ergebnisse in regelmäßigen Feedbackgesprächen.

Die Überwachung der Computernutzung kann dazu führen, dass Mitarbeiter sich ständig beobachtet fühlen, was Stress und Unbehagen am Arbeitsplatz erhöht.

Die leistungsstärksten zehn Prozent wurden gelobt, die schwächsten fünf Prozent ermahnt.

Was das Gesetz sagt

Die Datenschutzbehörde des Landes Niedersachsen forderte Amazon dazu auf, das nicht zu tun. Doch das Unternehmen sah sich im Recht und klagte vor dem Verwaltungsgericht.

„Wenn aber ein Vorgesetzter einen Mitarbeiter eine Woche lang oder über mehrere Tage beobachtet, handelt es sich nicht mehr um eine Stichprobe“, sagt ein Experte.

Die Erfassung der Daten sei für die „Vorbereitung ihrer Personalentscheidungen unabdingbar“. Und das Gericht gab Amazon recht: Denn das Unternehmen nutzte die Daten zur Leistungskontrolle. Und leistungsbezogene Daten darf der Arbeitgeber laut Bundesdatenschutzgesetz erheben.

Damit hatte das Unternehmen ein berechtigtes Interesse, wie das Verwaltungsgericht Hannover entschied. Dass die Mitarbeiter der Überwachung zugestimmt hatten, spielte dabei keine Rolle.

Die Zustimmung der Mitarbeiter

Ob ein Mitarbeiter einer Maßnahme zustimmt, ist ohnehin weniger relevant, als man annehmen könnte. Sie sei damit noch lange nicht automatisch rechtmäßig, erklärt Michael Fuhlrott, Anwalt für Arbeitsrecht. Er zweifelt überdies an der Freiwilligkeit solcher Erklärungen.

Das sehen auch viele Gerichte so. Denn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer herrscht ein Machtgefälle. Zudem könnten Mitarbeiter die Zustimmung widerrufen, sagt Fuhlrott. „Deswegen ist es für Unternehmen immer sicherer, Überwachungsmaßnahmen nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen vorzunehmen.“ Aber wann treten sie ein?

Abwägung zwischen Unternehmensinteressen und Mitarbeiterrechten

Die kurze Antwort: Die Verwendung persönlicher Daten durch Arbeitgeber muss gerechtfertigt sein, besonders wenn es um Daten geht, die nicht leistungsbezogen sind. Dabei muss das Interesse des Unternehmens an den Daten mit dem Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und dem Recht auf Datenschutz der Arbeitnehmer abgewogen werden.