Eine neue Dimension des digitalen Zeitalters zeichnet sich in der Bundesrepublik ab: Eine souveränere Nutzung digitaler Möglichkeiten durch die Bevölkerung geht Hand in Hand mit einer abflauenden Offenheit gegenüber künftigen digitalen Entwicklungen. Dies ist das Kernresultat des "D21-Digital-Index 2023/24", einer Studie der Initiative D21 e.V., die in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Kantar erstellt und kürzlich in der Hauptstadt vorgestellt wurde. Die Zahlen deuten darauf hin, dass der notwendige Gleichklang mit dem digitalen Fortschritt nicht mehr selbstverständlich erscheint.
Die Analyse, die mittlerweile auf eine mehr als zwei Jahrzehnte währende Geschichte zurückblickt, basiert auf einer umfassenden Befragung von circa 33.600 Personen ab 14 Jahren. Ein Querschnitt der Gesellschaft spiegelt sich in den fast 6.500 vertiefenden Gesprächen wider. Getragen und finanziert wird diese Untersuchung nicht zuletzt durch Beiträge des Bundeswirtschaftsministeriums und namhafter Vertreter der Wirtschaftsbranche.
Der Digital-Index, ein Gradmesser für die digitalen Fähigkeiten und Einstellungen, weist einen leichten Anstieg auf 58 von 100 Punkten auf – ein Zuwachs um einen Punkt im Vergleich zum vorherigen Jahr. Berechnet aus vier Säulen – Kompetenzen, Nutzung, Grundeinstellung und Zugang – offenbart der geringfügige Anstieg des Indexes eine divergierende Tendenz. Während die digitale Souveränität zunimmt, verlieren gerade einige Bevölkerungsgruppen ihre Offenheit gegenüber der Digitalisierung.
Lena-Sophie Müller, die Geschäftsführerin der Initiative D21, weist auf die wachsende Bedeutung hin, mit dem digitalen Wandel Schritt zu halten. Diese Fähigkeit, prognostiziert sie, wird zukünftig fast einer "Superkraft" gleichkommen. Entsprechend mahnt die Studie, Bildungsangebote für alle Bevölkerungsteile zugänglicher zu machen.
Eine interessante Feststellung ist der identifizierte "Vogel-Strauß-Effekt" innerhalb der erwerbstätigen Bevölkerung: Während viele einen Berufswandel durch die Digitalisierung erwarten, wird das Risiko für den eigenen Job nur von einer Minderheit gesehen. Hier scheint ein Potential für eine breitere Entwicklung des Bewusstseins für die Notwendigkeit zur Weiterbildung zu schlummern.
Wirtschaftsunternehmen werden von 43 Prozent der Arbeitskräfte als verantwortlich für die Vorbereitung ihrer Angestellten auf die digitale Transformation angesehen. Dennoch stagniert die Nutzung von Weiterbildungsangeboten auf niedrigem Niveau. Zudem sinkt das Vertrauen in die Effektivität des Bildungssystems sowie der Unternehmen, sich adäquat an den digitalen Wandel anzupassen.
Ein konkretes Beispiel für die digitale Partizipation ist die Nutzung des Text-Roboters ChatGPT von OpenAI. Innerhalb des ersten halben Jahres nach dessen Start hat bereits fast jeder fünfte Befragte Erfahrungen mit diesem KI-Tool gemacht, was die Relevanz der Künstlichen Intelligenz im Alltag unterstreicht.
Marc Reinhardt, Präsident der Initiative D21, hebt die Immensität hervor, die Künstliche Intelligenz für die Sicherung des Wohlstands in Deutschland zukommt. Die zielgerichtete und gleichzeitig risikobewusste Nutzung dieser Technologien wird als zentrale Herausforderung für Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft gesehen.