Enes Witwit, Gründer und Chef des KI-Start-ups uiAgent, hat ein klares Ziel: die Automatisierung von Büroprozessen so einfach und erschwinglich zu machen, dass sie nicht mehr nur Großunternehmen vorbehalten ist.
„Mit unserer Technologie kann man in den nächsten zehn Jahren gut die Hälfte aller Büroarbeitsplätze ersetzen“, erklärt der 30-Jährige selbstbewusst.
Doch was nach einer technischen Revolution klingt, wirft ethische und wirtschaftliche Fragen auf: Ist die breite Automatisierung ein Fortschritt – oder gefährdet sie Millionen von Arbeitsplätzen?
Die Vision: Automatisierung für alle
UiAgent verfolgt einen Ansatz, der traditionelle Softwarelösungen übertrifft. Anstelle komplizierter Programmierung nutzt das System natürliche Sprache, um Befehle in Aktionen umzusetzen.
Witwit demonstriert dies anhand eines simplen Beispiels: Nach dem Eingeben des Befehls „Go to LinkedIn.com“ navigiert der KI-Agent selbstständig zu der Website, bewegt die Maus wie ein Mensch und öffnet die entsprechende Seite.
„Im Grunde arbeitet unser KI-Agent wie ein virtueller Mitarbeiter am PC“, erklärt Witwit. Möglich wird dies durch ein sogenanntes Large-Action-Modell, das Sprache in Softwarebefehle übersetzt.
Eine interne „Karte“ der Softwareumgebung eines Rechners erlaubt der KI, Aktionen nahtlos durchzuführen – ähnlich wie ein Navigationssystem für Anwendungen.
Kostenvorteile für den Mittelstand
Der Unterschied zu bisherigen Automatisierungslösungen ist enorm: Wo früher ein durchschnittliches Projekt 500.000 Euro kostete, verspricht uiAgent Automatisierung ab 50 Euro monatlich. Damit öffnet sich der Markt auch für kleinere Unternehmen, die sich komplexe Lösungen bisher nicht leisten konnten.
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„Damit demokratisieren wir die Automatisierung“, sagt Witwit. Erste Kunden aus Deutschland – darunter ein Franchise-Anbieter und ein Recruiting-Unternehmen – setzen die Technologie bereits ein.
Gefährdete Arbeitsplätze oder neue Chancen?
Witwits Vision, 50 Prozent der Büroarbeitsplätze zu ersetzen, ist provokant. Buchhalter, Administratoren und ähnliche Rollen könnten künftig überflüssig werden.
Doch Witwit sieht in der Technologie keinen Jobkiller: „Der Mensch wird immer die Kontrolle behalten. Wir brauchen neue Experten, die digitale Arbeitskräfte managen.“ Die Realität könnte jedoch komplizierter sein.
Arbeitsmarktexperten warnen, dass die Umstellung auf KI vor allem in traditionellen Branchen zu Jobverlusten führen könnte. „Ohne ein klares Konzept für Umschulungen und Weiterbildung droht eine gefährliche Lücke zwischen Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt“, so ein Analyst.
Technologie ohne Halluzinationen
Einen weiteren Vorteil hebt Witwit hervor: Das von uiAgent entwickelte Modell soll deutlich robuster sein als klassische Sprachmodelle wie ChatGPT. „Wir müssen weniger trainieren, und unser Modell ist stabiler“, erklärt er.
Insbesondere vermeidet das System sogenannte Halluzinationen – Fehler, die bei textbasierten KI-Modellen immer wieder auftreten.
Ein disruptives Geschäftsmodell
Langfristig plant uiAgent, seine Technologie über Automatisierungsagenturen zu vertreiben, die den Service an Kunden weiterverkaufen. „Das funktioniert ähnlich wie das Partnerprogramm von SAP“, erläutert Witwit.
Dies könnte der Schlüssel zu einem schnellen Marktwachstum sein – und der Grundstein für ein potenzielles Unicorn im Bereich KI.