Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass negative Ereignisse tief in unserer Erinnerung verankert bleiben, während positive Entwicklungen oft nur wenig Beachtung finden. Der Negativitätseffekt, auch bekannt als Negativitätsdominanz, beschreibt das Phänomen, dass negative Erlebnisse und Emotionen einen stärkeren Einfluss auf uns haben als positive.
Ein Blick auf die Schrecken des Weltgeschehens verdeutlicht dies: Kriege und Katastrophen dominieren die Schlagzeilen, während friedliche Begegnungen und sichere Fluglandungen im Hintergrund bleiben. Dieser Effekt hat seine Wurzeln in der Evolution: Vor Urzeiten war es für das Überleben entscheidend, auf Gefahren zu achten. Heute führt dies jedoch dazu, dass negative Meldungen häufig unsere Wahrnehmung prägen und die Erfolge oft in den Schatten stellen.
Psyche und Evolution gehen dabei Hand in Hand. Sozialpsychologe Christian Unkelbach von der Universität Köln erklärt, wie negative Informationen stärkere Aufmerksamkeit erregen und tiefer verarbeitet werden. Er sieht darin einerseits Vorteile – etwa, dass wir Milch nicht verderben lassen –, andererseits jedoch auch Nachteile: Die Welt erscheint oft düsterer, als sie tatsächlich ist.
Die Rolle der Medien ist dabei nicht zu unterschätzen. Negative Schlagzeilen ziehen mehr Aufmerksamkeit an, auch in der Unterhaltung. Ein großes Potenzial liegt darin, bewusster positive Erlebnisse wahrzunehmen und hervorzuheben. Unkelbach rät dazu, Tagebücher für positive Erlebnisse zu führen, um gegen die Wirkung des Negativitätseffekts anzugehen.
Auch der rational-kritische Blick kann helfen, die eigene Wahrnehmung zu schärfen. Das Bewusstsein über den Einfluss negativer Nachrichten ermöglicht es, destruktive Muster zu durchbrechen. Wichtig bleibt, sich der Verantwortung der Medien und Politik bewusst zu sein, Missstände aufzuzeigen und gleichzeitig positive Inhalte zu fördern.
Die Herausforderung liegt darin, die Balance zwischen kritischem Bewusstsein und dem Fokus auf das Positive zu finden. Dies ist gerade in unserer digitalen Welt, die die Macht des Negativen verstärkt, entscheidend für eine optimistische und aufgeklärte Sichtweise. So kann es gelingen, die Welt wieder lebendiger und positiver wahrzunehmen.