Das britische Parlament steht vor einer schwerwiegenden Entscheidung: Die Verabschiedung eines Gesetzes zur Sterbehilfe für unheilbar kranke Menschen mit geistiger Gesundheit könnte das Vereinigte Königreich in die Reihen von Ländern wie der Schweiz, Belgien und Kanada führen. Diese Thematik, die sowohl emotional als auch moralisch hochkomplex ist, spaltet die Gesellschaft ebenso wie die Abgeordneten, die über den Gesetzesentwurf abstimmen werden.
Im Zentrum der Debatte steht die Frage der Prognose über die verbleibende Lebenszeit. Das geplante Gesetz soll nur für Patienten mit einer Lebenserwartung von weniger als sechs Monaten gelten, was Wissenschaftler als herausfordernd bezeichnen. Laut Professor Paddy Stone, emeritierter Leiter der Marie Curie Palliativmedizin am University College London, gibt es momentan keine verlässliche Methode, um eine solche Prognose zu stellen. Die Schwierigkeit, individuelle Überlebenszeiten präzise vorherzusagen, wird durch die Vielfalt der Erkrankungen wie Herzinsuffizienz oder neurodegenerative Krankheiten verschärft.
Während sich Befürworter auf Patientenautonomie und Menschenrechte berufen, sorgen sich Kritiker um den Abzug von Ressourcen aus der Palliativpflege und mögliche Gefahren für schutzbedürftige Gruppen. Länder wie Belgien und Kanada zeigen, dass bestehende Regelungen mit der Zeit in unerwartete Richtungen führen können - etwa indem Euthanasie auf Minderjährige oder auf Personen in sozialer Notlage ausgeweitet wird.
Letztlich stellt sich die Frage, ob die wissenschaftlichen Grundlagen einer solchen Gesetzgebung den Anforderungen gerecht werden. Die Parlamentsmitglieder müssen diese Unsicherheiten abwägen, denn das Grundproblem bleibt: Die Entscheidung über diesen folgenschweren Gesetzesentwurf sollte auf umfassenden Informationen beruhen.