Am Rande von al-Qutayfa, einer Stadt knapp 30 km nördlich von Damaskus, erhebt sich eine gespenstische Stille. Ein von Brisenblockmauern umgebenes Gebiet, groß wie zwei Fußballfelder, birgt ein düsteres Geheimnis aus den Jahren des syrischen Bürgerkriegs. Bashar al-Assads Armee soll hier eine der größten Massengräber angelegt haben – eine klaffende Wunde in der syrischen Geschichte.
Die Anwohner berichten von nächtlichen Ankünften von Erdbaugeräten und Kühlwagen, beladen mit Leichen. Zunächst nicht tief genug gegraben, führten streunende Hunde, die die Leichen ausbuddelten, zu einer verstörenden Offenbarung. Ehemalige Bürgermeistern wie Haj Ali Saleh, der 2012 seine Funktion niederlegte, weil er sich weigerte, Massenbestattungen zu organisieren, bestätigen diese Gräueltaten. Unterdrückung durch Brutalität prägte die frühen Jahre des Konflikts, die mit überfüllten Gefängnissen und alltäglichen Hinrichtungen einhergingen.
Ein Mann am Eingang des Geländes sucht verzweifelt nach seinem Onkel, der seit 2015 vermisst wird. Über 100.000 Menschen könnten hier begraben sein – womöglich das größte Massengrab weltweit. Organisationen für Menschenrechte stützen diese Annahmen durch Satellitenbilder, auch wenn die genaue Zahl der Opfer unklar bleibt. Bewohner berichten von Versuchen, die Spuren zu verwischen, indem Leichen umgebettet wurden. Der allgegenwärtige Gestank zeugte von den NS-Gewohnheiten.
Vor dem Bürgerkrieg war al-Qutayfa eine Hochburg des Militärs. Berichten zufolge führte die Dritte Division der syrischen Armee, bekannt für ihre Loyalität zum Regime, das Massengrab. Vom politischen Gefangenen zur Massenvernichtung – die perfide Entwicklung eines geschlossenen Areals. Zahlreiche hochrangige Offiziere des alten Regimes sollen beteiligt gewesen sein, darunter ein Alawiten-General aus Tartus. Die Öffentlichkeit schweigt aus Angst vor Repressalien, während Exil und Verstecke für viele der Machthaber die aktuelle Lage beschreiben.
Eine offizielle Stellungnahme oder Pläne zur forensischen Untersuchung seitens der neuen syrischen Regierung bleiben aus. Für die Bewohner von al-Qutayfa ist das Unaussprechliche zu einer Last geworden, die nur durch Anerkennung und Aufklärung gelindert werden kann. Syrien, zerrissen durch Jahrzehnte des Krieges, sieht sich mit einer verlorenen Generation von Vermissten konfrontiert. Ein Hoffnungsschimmer verbleibt in der Aufdeckung der gräueltäterspezifischen Massenbegräbnisse. "Eine trauernde Mutter findet Ruhe, doch nicht die einer vermisst geglaubten Seele", stellt Ali Schwaat, ein Landwirt aus der Region, resigniert fest.