Im Herzen von Aleppo regt sich neues Leben, doch die Unsicherheit bleibt. Nachdem syrische Rebellen, angeführt von der Gruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS), vor kurzem weite Teile der Stadt eingenommen haben, sind die Emotionen gemischt. Der Arzt Abdulkareem Laila wagte sich zurück in seinen alten Stadtteil Salaheddine, den er 2016 während eines vernichtenden Regimeangriffs verlassen hatte. "Das Gefühl von Würde und Freiheit ist für viele Syrer neu", sagt Laila, dessen Euphorie wie bei vielen Bewohnern von Unbehagen begleitet wird.
Die Fragen zur künftigen Herrschaft von HTS, einer vormals mit al-Qaida verbundenen Gruppe, über die multikulturelle Metropole häufen sich. Während Befürchtungen über einen drohenden Gegenschlag des Assad-Regimes und seiner Verbündeten bestehen, haben sich bereits einige Bewohner an den Neualltag angepasst. Geschäfte öffnen vereinzelt wieder, doch von Normalität kann keine Rede sein. "Alles erinnert an normal, aber es ist es nicht", beschreibt ein Händler die unsichere Lage in Aleppo.
Das Schicksal der kurdischen Quartiere in Aleppo bleibt ebenso ungewiss. Inmitten dieser Wirrungen haben kurdische Bewohner Angebote für eine sichere Passage erhalten, doch viele sehen darin einen Versuch, sie aus ihren angestammten Vierteln zu vertreiben. Mervan Qamishlo von den Syrischen Demokratischen Kräften warnt vor einer drohenden Gefahr für die kurdischen Zivilisten.
Derweil erleben Rückkehrer wie Monzer, ein medizinischer Helfer, dessen Heimatbesuch aufgrund der eskalierenden Gewalt abrupt endete, eine Mischung aus Freude und Enttäuschung. Nach einer kurzen Rückkehr in die Heimat entschied er sich, wieder nach Türkei auszureisen, verunsichert von den Spannungen zwischen den Rebellen und den kurdischen Fraktionen.