18. September, 2024

Technologie

Die Renaissance von Oracle: Ein Nachzügler wird zum Cloud-Wettbewerber

Die Renaissance von Oracle: Ein Nachzügler wird zum Cloud-Wettbewerber

Die Wolken über dem Cloud-Computing-Markt schienen bis vor Kurzem von drei amerikanischen Giganten dominiert: Amazon, Microsoft und Google. Diese Unternehmen machen nahezu zwei Drittel des Marktes für Cloud-Infrastruktur aus und verkaufen Rechenleistung an Kunden, die ihre eigenen Rechenzentren nicht mehr betreiben wollen.

Doch die technologische Landschaft hat sich durch generative KI schnell verändert. Eine neue Generation von Cloud-Herausforderern hat die plötzlich gestiegene Nachfrage nach massiver Rechenleistung genutzt, um die neuesten KI-Modelle zu trainieren und auszuführen. Nun steht die Frage im Raum, ob sie diese Nachfragewelle nutzen können, um bedeutende Marktanteile zu gewinnen, oder ob dies nur eine kurzfristige Chance ist, da es einen Mangel an KI-Chips und einen unstillbaren Aktienmarkt gibt.

Ein bemerkenswertes Beispiel ist der unerwartete Aufstieg von Oracle als Cloud-Infrastruktur-Anbieter. Dessen Aktienkurs stieg diese Woche nach der Ergebnisveröffentlichung um 15% und hat seit Jahresbeginn 2022 beeindruckende 90% zugelegt. Dies hat Mitbegründer Larry Ellison, einen Pionier der Frühzeit der Technologiebranche, laut Forbes fast zum zweitreichsten Menschen der Welt gemacht, mit einem geschätzten Vermögen von 196 Milliarden Dollar und damit nur knapp hinter Jeff Bezos.

Oracle hatte sich jahrelang im Hintergrund gehalten, als das Unternehmen seine Geschäftssoftware in die Cloud verschob. Anstatt voll auf Cloud zu setzen, investierte es jedoch lieber in den Rückkauf eigener Aktien. Aufgrund dieser Strategie wuchs Ellisons persönlicher Anteil am Unternehmen in einem Jahrzehnt von 22% auf 42%.

Inzwischen hat Oracle offenbar den Glauben an die Cloud entdeckt. Doch kann ein Nachzügler in einem Markt, in dem Skaleneffekte entscheidend sind, noch Erfolg haben? Oracle tritt gegen Unternehmen mit unübertroffenen Ressourcen und umfangreicher Expertise im Betrieb großer Rechenzentrumsflotten an.

Teile von Oracles neuer Cloud-Strategie beinhalten das Einsetzen eigener Server, die seine Datenbanksoftware ausführen, in den Rechenzentren anderer Cloud-Unternehmen. Dies erleichtert es den Kunden, ihre Daten und Anwendungen nahtlos zwischen verschiedenen Clouds zu verbinden. Diese Woche krönte Oracle diesen logischen Schritt mit einer Allianz mit dem Erzfeind Amazon Web Services.

Larry Ellison prophezeite diese Woche, dass das Training der fortschrittlichsten KI-Modelle bald 100 Milliarden Dollar pro Modell kosten könnte, was zu einem riesigen Markt führen würde, der für das nächste Jahrzehnt von einer Handvoll Unternehmen beherrscht wird. Auch Jensen Huang, CEO von Nvidia, spricht gerne von den "KI-Fabriken", die den generativen KI-Boom antreiben sollen – Unternehmen wie Coreweave und Lambda Labs, die Nvidias Grafikprozessoren in großen Mengen gekauft haben.

Ein Zeichen für den frühen Erfolg von Oracle ist, dass nahezu das gesamte Wachstum dieses Quartals aus der Cloud-Infrastruktur kam, obwohl dieser Bereich nur 17% des Gesamtumsatzes ausmacht. Dennoch klafft eine gewaltige Lücke zu den Cloud-Giganten. Oracles Einnahmen aus diesem Bereich in Höhe von 2,2 Milliarden Dollar verblassen im Vergleich zu den 26 Milliarden Dollar von Amazon Web Services. Auch die Investitionen von Oracle blieben mit 2,3 Milliarden Dollar in diesem Quartal weit hinter den 19 Milliarden Dollar von Microsoft zurück.

Derzeit bieten Engpässe bei Nvidias Grafikprozessoren eine Chance, da selbst die größten Player einen Teil ihrer KI-Rechenanforderungen an andere Unternehmen mit freier Kapazität auslagern. Einige der KI-Funktionen in Microsofts Bing-Suchmaschine laufen nun in der Oracle-Cloud, während auch Microsoft-Partner OpenAI einen Teil der Arbeit zur Schulung seiner KI-Modelle an Oracle übergeben hat.

Was geschieht, wenn die Versorgung mit KI-Chips die Nachfrage einholt, bleibt abzuwarten. Einige der größten KI-Unternehmen sehen eine vertikale Integration – also den Betrieb ihrer Modelle auf eigener Hardware – als strategischen Vorteil. So wandte sich Elon Musk kürzlich von Oracle ab, als es um den Aufbau des nächsten großen GPU-Clusters für X.AI ging. Seiner Meinung nach muss sein KI-Unternehmen eigene Hardware-Kompetenz entwickeln.

Oracle behauptet weiterhin, dass das spätere Eintreten in den Markt und das Design spezialisierter Rechenzentren einen Vorteil gegenüber den älteren Einrichtungen der Cloud-Giganten verschafft. Ob diese Behauptung Bestand hat, wird sich zeigen, sollte die KI-Euphorie nachlassen.