Südkorea steht vor einer seiner tiefsten politischen Krisen seit Jahrzehnten, nachdem Präsident Yoon Suk Yeol das Kriegsrecht ausrief und es nur Stunden später wieder aufhob. Diese dramatische Entwicklung sorgte für Aufruhr in der Bevölkerung und im politischen System des Landes. In einem überraschenden Zug am Dienstagabend befahl Yoon der Armee, das Kriegsrecht zu verkünden, welches Demonstrationen, parlamentarische Aktivitäten und politische Parteitätigkeiten untersagte. Die Medien standen unter staatlicher Kontrolle. Jedoch war der Rückhalt für Yoons radikalen Schritt begrenzt. 190 Mitglieder der Nationalversammlung widersetzten sich den Sicherheitskräften vor dem Parlamentsgebäude und stimmten gegen das Kriegsrecht, was Yoon dazu zwang, die Maßnahme zurückzunehmen. Präsident Yoon rechtfertigte seine Entscheidung mit der Notwendigkeit, das Land vor angeblichen Bedrohungen durch pro-nordkoreanische Kräfte zu schützen. Dabei fokussierte er jedoch stark auf die innenpolitischen Spannungen mit der Opposition, die ihm seit seinem Amtsantritt im Mai 2022 mit zahlreichen Anträgen zur Amtsenthebung das Leben schwer gemacht hatte. Seine Zustimmungswerte waren schon zuvor durch einen Einflussnahmeskandal und Auseinandersetzungen mit dem oppositionell dominierten Parlament auf einem Tiefpunkt. Das Militär hatte bereits Maßnahmen umgesetzt, indem es General Park An-su als Leiter der Kriegsrechtskommandantur einsetzte und medizinische Streikende zurück an die Arbeit beorderte. Die verfassungsrechtlichen Sorgen waren erheblich, da das Kriegsrecht drastische Eingriffe erlaubte, darunter Verhaftungen ohne Haftbefehl. Bürger protestierten zu Tausenden vor dem Parlament, wobei es zu Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kam. In einer bemerkenswerten Demonstration der politischen Einheit stimmten auch Mitglieder von Yoons eigener Partei gegen das Kriegsrecht. Internationale Besorgnis über die Ereignisse war groß, unter anderem äußerten sich die Regierungen der USA, Großbritannien und Deutschland. Die wirtschaftlichen Auswirkungen waren ebenfalls spürbar. Der koreanische Won fiel auf einen Zweijahrestiefststand, bevor eine mutmaßliche Intervention der südkoreanischen Behörden eine Stabilisierung brachte. Der Aktienmarkt verzeichnete einen Rückgang von etwa 2 %. Die Forderungen nach Yoons Rücktritt oder Amtsenthebung sind laut. Offizielle und Parteifunktionäre boten ihre Rücktritte an. Die kommenden Tage könnten von weiteren Protesten geprägt sein, nachdem die größte Gewerkschaftsvereinigung des Landes zu Streiks aufgerufen hat. Trotz allem hoffen viele, dass der Dialog wieder in den Vordergrund rückt und ein friedlicherer Weg gefunden wird, um die politischen Herausforderungen des Landes zu meistern.