Ein Tweet, der Milliarden bewegt
Die Ankündigung kam – wie so oft bei Donald Trump – über soziale Medien. Am Mittwoch verkündete der US-Präsident, die neuen Strafzölle auf bestimmte Länder für 90 Tage auszusetzen.
Die Finanzmärkte reagierten sofort: Aktienkurse, die zuvor auf Talfahrt waren, schossen nach oben. Eine Atempause – aber keine Entwarnung.
Denn der zentrale Punkt der Eskalation bleibt bestehen: China ist von der Ausnahmeregelung ausgenommen. Auf chinesische Waren bleibt es bei einem Strafzoll von 125 Prozent.
Die globale Lieferkette bleibt unter Druck, das geopolitische Risiko wächst weiter.
Business-Elite gespalten: Von „genial“ bis „nichts erreicht“
Die Reaktionen aus der US-Wirtschaft fallen gegensätzlicher kaum aus. Hedgefonds-Manager Bill Ackman spricht von einem „brillant ausgeführten Manöver“ und lobt Trumps Taktik als „Textbook Art of the Deal“. Er sieht in der Zollpause eine Verhandlungstaktik, um China zu maximalen Zugeständnissen zu zwingen.
NASDAQ call volume spiked minutes before the 90 day tariff pause was announced.
— Spencer Hakimian (@SpencerHakimian) April 10, 2025
Not a good look at all. pic.twitter.com/SeF7Hfn2SM
Ganz anders Spencer Hakimian, Gründer von Tolou Capital: „Nichts erreicht, nichts verändert – aber irgendwie gewonnen?“, schreibt er auf X. Die ständige Kehrtwende in der Handelspolitik sei „chaotisch und intransparent“.
Auch KPMG-Chefvolkswirtin Diane Swonk warnt: Die effektive Zolllast sei durch die aktuellen Maßnahmen in Wahrheit sogar gestiegen – insbesondere durch die anhaltenden Zölle auf China. Ihr Fazit: „Die Pause ist ein bewegliches Ziel – und das Risiko für die Märkte bleibt hoch.“
Trump spielt auf Zeit – aber nicht mit China
Die Auswahl der „begünstigten Länder“ für die 90-tägige Zollpause bleibt vage. Kanada etwa hofft, dass Aluminium-Exporte von den Sonderzöllen ausgenommen werden. Doch für China bleibt es bei der harten Linie. Der Grund: Trump sieht China weiterhin als Hauptgegner im globalen Handel – ein Narrativ, das bei seiner politischen Basis verfängt.
Kevin O’Leary, bekannt aus „Shark Tank“, hält die Zölle auf China sogar für zu niedrig. „400 Prozent wären angemessen“, schreibt er. China spiele nicht fair – und die USA sollten endlich aufhören, das zu tolerieren.
Mark Cuban: Das wahre Problem liegt im Lager
Investor und Unternehmer Mark Cuban warnt hingegen vor realwirtschaftlichen Folgen. Viele US-Unternehmen hätten in den Wochen vor dem Zollbeschluss massiv Lager aufgebaut – in Erwartung steigender Preise. Dieses Kapital fehle nun für Investitionen und Neueinstellungen.

„Am Ende wurde Liquidität verbrannt“, so Cuban. Auch der aktuelle Aufschwung an den Börsen sei trügerisch – Verluste ließen sich nicht einfach wegjubeln.
Finanzmärkte jubeln – aber wie nachhaltig?
Dass die Märkte nach der Ankündigung zulegten, ist kaum überraschend. Der Handel reagiert reflexartig auf Entspannungssignale – selbst wenn sie nur temporär sind. Doch ökonomisch bleibt das Umfeld volatil. Hohe Zölle, geopolitische Spannungen und eine schleppende Weltkonjunktur dämpfen die mittelfristigen Perspektiven.
Ray Dalio, Gründer von Bridgewater Associates, mahnt zur Besonnenheit: „Es gibt bessere Wege, mit globalen Ungleichgewichten umzugehen.“ Statt Strafzöllen brauche es koordinierte Maßnahmen – etwa zur Aufwertung des Renminbi und zur Stärkung der chinesischen Binnenwirtschaft. Nur so ließen sich strukturelle Handelsdefizite sinnvoll angehen.
Zollpause oder Zolllotterie?
Die zentrale Frage bleibt: Gibt es einen Plan hinter dem Hin und Her – oder ist es reines politisches Kalkül? Trump inszeniert sich gerne als harter Verhandler. Doch die kurzfristigen Kurswechsel in der Handelspolitik wirken zunehmend erratisch – und gefährden die Glaubwürdigkeit der USA als Verhandlungspartner.
Für Unternehmen bleibt die Lage angespannt. Investitionen werden zurückgehalten, Lieferketten bleiben fragil, die Planbarkeit leidet. Auch wenn eine Eskalation vorerst vermieden wurde – die Handelsordnung ist längst aus dem Gleichgewicht geraten.
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