Die Erwartungen an das G-20 Gipfeltreffen in Rio de Janeiro waren hoch, doch letztlich zeigte die Veranstaltung mehr Brüche als Einigkeit. Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva hatte die Bühne, um seine Position als Führungsfigur der Schwellenländer zu festigen. Stattdessen wurde das Treffen, das als eines der chaotischsten in der G-20-Geschichte in Erinnerung bleiben wird, von Fauxpas überschattet. Gerade in einer Zeit intensiver weltpolitischer Spannungen, zeigten die 85% der globalen Wirtschaft repräsentierenden Staatschefs Schwierigkeiten, Brücken zu schlagen. Die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine - der erstmalige Einsatz von US-amerikanischen Langstreckenraketen gegen Russland - und die drohende nukleare Reaktion des Kremls verdeutlichten die fragilen internationalen Beziehungen.
Der Ruf nach westlicher Einheit blieb ungehört, und die längst bröckelnde Ordnung des internationalen Regelsystems war offenkundig. Auch Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinping gelang es nicht, als diplomatische Führungsfigur zu glänzen. Zu allem Überfluss sorgte die drohende Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus für verstärkte Unsicherheiten, während der amtierende US-Präsident Joe Biden auf seiner Abschiedsreise durch Peru und Brasilien versuchte, Allianzen zu stärken. Dennoch hinterließ Bidens Abschiedsbesuch das Gefühl, dass seine Außenpolitik eher die Ausnahme denn die Regel war, und dass sich die Beziehung zu den USA unter Trump erheblich verschärfen könnte.
Für Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, der im nächsten Jahr die Bühne des G-20 Gipfels betreten wird, haben erfahrene Diplomaten bereits ihre Ratschläge parat: Schmeichelei reicht nicht aus. Es gilt, keine Schwäche zu zeigen, Demut zu vermeiden und unermüdlich die schwierigen Fragen zu stellen.