Trotz fortschreitender Technologie und der unaufhaltsamen Dynamik der globalen Digitalisierung bleibt Deutschland nach Meinung seiner Führungskräfte bei diesem Prozess deutlich zurück. Nur eine verschwindend geringe Minderheit von vier Prozent der befragten Entscheidungsträger sieht die Bundesrepublik digital gut gerüstet, wie die aktuelle Erhebung des Allensbach-Instituts für das European Center for Digital Competitiveness veranschaulicht. Mit Sorge stellt die überwältigende Mehrheit von 95 Prozent fest, dass Deutschland in diversen Bereichen bei der Digitalisierung hinterherhinkt – ein Eindruck, der auch in den Umfragen der Vorjahre vorherrschend war.
Betrachtet man das Spezialgebiet der künstlichen Intelligenz, so sind nur 19 Prozent der Meinung, Deutschland und Europa stünden hier gut da. Rund drei Viertel der Befragten zeigten sich weniger überzeugt, während sich sieben Prozent nicht festlegen wollten. Was die Aussichten auf eine rasche Verbesserung in der Digitalisierung betrifft, bleibt der Optimismus begrenzt: Nur ein Viertel der befragten Wirtschaftsführer rechnet mit großen Fortschritten. Politiker hingegen hegen mit 42 Prozent eine positivere Erwartungshaltung. Bei der breiten Bevölkerung hingegen teilen nur 23 Prozent diese Hoffnung.
Als Hauptursachen für die digitale Rückständigkeit benennt die Studie verschiedene Aspekte: So missbilligen 65 Prozent der Bevölkerung das Fehlen einer klaren Strategie, während eine mögliche Negativauswirkung von fragmentierten Zuständigkeiten zwischen unterschiedlichen Regierungsebenen von 62 Prozent angenommen wird. Darüber hinaus betrachten 55 Prozent der Befragten zu geringe Investitionen als kritisch, und knapp die Hälfte erkennt die strengen deutschen Datenschutzrichtlinien als ein Hindernis. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Mangel an Fachkräften, der von 41 Prozent als bedeutsames Problem eingeschätzt wird.
Philip Meissner von der ESCP mahnt an, bewährte IT-Lösungen für digitale Verwaltung aus Ländern wie Estland und der Ukraine zu adaptieren, anstatt redundante Eigenentwicklungen auf kommunaler oder Kreisebene zu fördern. Die Empfehlung lautet klar: Innovation ja, aber nicht um jeden Preis und nicht durch Wiederholung von bereits Erreichtem. Für die fundierte Analyse wurden rund 500 Spitzenkräfte aus Politik und Wirtschaft befragt. Die Bevölkerungsbefragung stützt sich auf über tausend Interviews und gibt repräsentativ die Stimmung wieder.
In der Verantwortungsfrage für die digitale Transformation sprechen 69 Prozent der Bundesregierung die größte Bedeutung zu, gefolgt von den Landesregierungen (46 Prozent), der Wirtschaft (41 Prozent) und den Städten sowie Gemeinden (39 Prozent). Bezeichnend ist auch das abnehmende Vertrauen in die Digitalkompetenz der Parteien: Lediglich 15 Prozent trauen der CDU/CSU das meiste zu, was gegenüber der Zeit nach der Bundestagswahl 2021 für die FDP einen Vertrauensverlust darstellt. Auch SPD, Grüne, AfD und Linke erfahren niedrige Vertrauenswerte.
Im Gegensatz zur kritischen Sicht auf die Digitalkompetenz leuchtet ein hoffnungsvoller Punkt auf Europas Technologie-Landkarte: Beim Engagement für grüne Technologien sehen 70 Prozent der Führungskräfte Europa in einer führenden Position.