02. Februar, 2025

Wirtschaft

Deutschlands Arbeitsmarkt im freien Fall

Die Arbeitslosigkeit steigt rapide, die Wirtschaft schwächelt – doch die Angst vor dem Jobverlust bleibt gering. Ein trügerisches Gefühl?

Deutschlands Arbeitsmarkt im freien Fall
Ein schrumpfender Industriestandort – Während die Produktionszahlen sinken, investieren immer mehr Unternehmen im Ausland. Deutschland droht, als Wirtschaftsstandort an Attraktivität zu verlieren.

Die Zahlen sind alarmierend: Im Januar steigt die Arbeitslosigkeit in Deutschland um 186.000 Menschen im Vergleich zum Vormonat – die Gesamtzahl liegt nun knapp unter drei Millionen.

Es ist das dritte Jahr in Folge, in dem der Arbeitsmarkt schrumpft. Während der Staat weiterhin Stellen schafft, sieht die Lage in Industrie und Handel düster aus. Kurzarbeit breitet sich aus, Insolvenzen nehmen zu. Doch viele Arbeitnehmer wiegen sich weiter in Sicherheit.

Erwerbstätigkeit im Dezember 2024 stagniert
Im Dezember 2024 waren rund 46,0 Millionen Menschen mit Wohnort in Deutschland erwerbstätig. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) stieg die Zahl der Erwerbstätigen saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat unwesentlich um 4 000 Personen (0,0 %). Im Oktober und November war die Erwerbstätigkeit um 13 000 beziehungsweise 9 000 Personen noch etwas stärker angestiegen. Damit entwickelte sich die Beschäftigung nach den saisonbereinigten Rückgängen in den Monaten Juni bis September 2024 von durchschnittlich jeweils ‑20 000 zuletzt wieder etwas positiver.

Kurzarbeit steigt, aber die Politik bleibt passiv

Die Zeichen für eine Krise sind unübersehbar. Stand November 2024 waren 293.000 Beschäftigte auf Kurzarbeitergeld angewiesen – ein sprunghafter Anstieg innerhalb weniger Monate. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger warnt:

„Die Wirtschaftsschwäche trifft den Arbeitsmarkt mit voller Wucht.“

Die Politik reagiert mit Durchhalteparolen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) musste erst kürzlich die Wachstumserwartung für 2025 drastisch senken – von 1,1 Prozent auf nur noch 0,3 Prozent.

Einige Ökonomen halten selbst diese Zahl für zu optimistisch. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) rechnet sogar mit einem weiteren Rückgang des Bruttoinlandsprodukts. Sollte das eintreten, wäre es die längste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik.

Die paradoxe Zuversicht der Beschäftigten

Trotz der düsteren Prognosen bleibt die Angst vor Jobverlust gering. Laut einer aktuellen Umfrage von Forsa für Xing fürchten nur acht Prozent der Beschäftigten um ihren Arbeitsplatz. Ein überraschend niedriger Wert, der sich nur leicht gegenüber den sechs Prozent im Vorjahr erhöht hat.

Deutschlands Arbeitsmarkt unter Druck – Die Arbeitslosenzahlen steigen, während Industrie und Handel weiter Stellen abbauen. Doch viele Beschäftigte bleiben erstaunlich gelassen.

„Trotz eines kriselnden Arbeitsmarktes bleiben Beschäftigte in Deutschland grundsätzlich optimistisch“, sagt Thomas Kindler, Geschäftsführer von Xing. Doch ein genauer Blick zeigt: Es gibt Risse im Fundament.

Der Wunsch nach sichereren Jobs wächst, genauso wie die Bereitschaft, bei besseren Angeboten zu wechseln.

Industrie schrumpft, der Staat wächst

Während die private Wirtschaft Stellen abbaut, expandiert der öffentliche Dienst weiter. Die Bundesregierung rechnet mit 120.000 zusätzlichen Arbeitslosen im Jahr 2025 – die Drei-Millionen-Marke könnte bald wieder überschritten werden.

Das Problem: Industrie, Bau und Handel als klassische Jobmotoren verlieren an Kraft, während der staatsnahe Sektor wächst. Experten warnen vor einer gefährlichen Schieflage. „Wir haben Rekordbeschäftigung, aber der Trend ist abgeknickt“, sagt Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Fachkräftemangel vs. Jobabbau – Wie passt das zusammen?

Ein weiteres Paradoxon: Während in vielen Branchen Personal entlassen wird, bleibt der Fachkräftemangel bestehen. Besonders in der IT und im Ingenieurwesen herrscht nach wie vor eine hohe Nachfrage.

Doch auch hier gibt es dunkle Wolken. Die Zahl der offenen Stellen sinkt seit Monaten. Laut Indeed gingen die Ausschreibungen in der Softwareentwicklung um 32,7 Prozent zurück, im Projektmanagement um 31,8 Prozent. Der Stellenmarkt kühlt spürbar ab.

Jobabbau oder Kurzarbeit? Eine politische Entscheidung

Ein Instrument, das die wahre Dimension der Krise noch verschleiert, ist die verlängerte Kurzarbeit. Die SPD hat – trotz Kritik von Ökonomen – entschieden, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter bis zu zwei Jahre in Kurzarbeit halten können.

Doch Experten warnen: Diese Maßnahme könne die „notwendige Transformation verschleppen“, so Bernd Fitzenberger vom IAB. Unternehmen, die eigentlich dringend restrukturieren müssten, würden mit staatlicher Hilfe künstlich am Leben gehalten.

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