15. Januar, 2025

Politik

Deutschland verschärft Grenzkontrollen: Ein Balanceakt für die EU

Deutschland verschärft Grenzkontrollen: Ein Balanceakt für die EU

Deutschland plant, vorübergehende Grenzkontrollen an allen neun seiner Grenzen ab nächster Woche zu verlängern. Dies erfolgt im Zuge verstärkter Bemühungen, gegen irreguläre Migration und Kriminalität vorzugehen, nachdem extremistische Anschläge im Land für Aufsehen gesorgt hatten.

So fanden im letzten Monat in Solingen ein tödlicher Messerangriff statt, bei dem ein syrischer Asylbewerber, inspiriert von der Terrorgruppe Islamischer Staat, drei Menschen tötete. Auch im Juni kam es zu einem Messerangriff eines afghanischen Immigranten, der einen Polizisten tötete und vier weitere Menschen verletzte.

Deutschland, das Herzstück der Europäischen Union mit seinen neun Nachbarstaaten und Motor der europäischen Wirtschaft, wird die Kontrollen für sechs Monate einführen. Dies könnte die Einheit innerhalb der EU auf die Probe stellen. Der polnische Premierminister verurteilte diese Maßnahme als "inakzeptabel", während Österreich ankündigte, keine Migranten aufzunehmen, die von Deutschland abgewiesen werden.

Der Schengen-Raum der EU ermöglicht Bürgern der meisten EU-Länder, visumfrei über die Grenzen zu reisen. Auch Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz gehören zu Schengen, obwohl sie keine EU-Mitglieder sind. Die EU räumt ihren Mitgliedstaaten zwar die Möglichkeit ein, bei schweren Bedrohungen vorübergehende Grenzkontrollen einzuführen, verlangt aber, dass diese Maßnahme nur in Ausnahmefällen und zeitlich begrenzt eingesetzt wird.

Deutschland, das bereits im letzten Jahr Grenzkontrollen zu Polen, der Tschechischen Republik, Österreich und der Schweiz eingeführt hat, erweiterte diese nun auf die Grenzen zu Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien und Dänemark. Innenministerin Nancy Faeser erklärte, dass es darum ginge, irreguläre Migration einzuschränken und das Land vor "akuten Gefahren durch islamistischen Terrorismus und schwere Kriminalität" zu schützen.

Nach anfänglicher Offenheit gegenüber der Aufnahme von Flüchtlingen während der Syrienkrise in den Jahren 2015-16, hat die anhaltende Migration zu einem Rechtsruck geführt. Die Sicherheitsbedenken infolge extremistischer Angriffe haben die Unterstützung für striktere Einwanderungspolitiken und rechtsgerichtete Parteien gefördert.

Das wirtschaftlich stärkste Land der EU hat Bedenken bei seinen Nachbarn hervorgerufen. Die niederländische Transport- und Logistikvereinigung warnte vor wirtschaftlichen Schäden durch die Einschränkung des freien Handels. In Deutschland forderte der DSLV eine selektive Kontrolle, die den Warenfluss nicht beeinträchtigt, ähnlich wie bei früheren sportlichen Großereignissen. Dirk Jandura, Präsident des BGA, betonte, dass Bewegungsbeschränkungen immer zu Verzögerungen und höheren Kosten führten, jedoch sei ein maßvoller Einsatz verständlich, wenn nötig.

Die Ankündigung der Grenzkontrollen steht auch im politischen Kontext. In Österreich lehnt die konservative Regierung Flüchtlinge ab, die aus Deutschland zurückgewiesen werden. Der polnische Premierminister Donald Tusk forderte dringende Konsultationen aller betroffenen Länder.

Angesichts vergleichbarer Maßnahmen in Slowenien, Österreich und Italien bleibt abzuwarten, wie sich Deutschlands Maßnahmen auf die europäische Einigung und die wirtschaftlichen Beziehungen auswirken werden.