Wachstum ohne Fundament
Deutschland schwächelt – und zwar auf fast allen Ebenen. Im Sommerquartal konnte die Wirtschaft laut den überarbeiteten Zahlen des Statistischen Bundesamts gerade einmal um 0,1 Prozent zulegen.
Klingt schwach? Es kommt noch schlimmer: Das Wachstum verdankt sich fast ausschließlich dem staatlich finanzierten Sektor. Während die Industrie weiter rückläufig ist und der private Verbrauch kaum Impulse gibt, ist der Bereich „Öffentliche Dienstleistungen, Erziehung, Gesundheit“ der einzige Lichtblick.
Mit einem Plus von 2,3 Prozent trug er maßgeblich dazu bei, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) überhaupt noch wächst.
Industrie im Rückwärtsgang
Besonders bedenklich ist der Zustand der deutschen Industrie. Ihre Wertschöpfung schrumpfte im Vergleich zum Vorjahr um 3,4 Milliarden Euro, ein Rückgang von 2 Prozent.
Hinzu kommt: Der Bereich Bau, Handel, Verkehr sowie Banken und Versicherungen brachte nur einen minimalen Zuwachs von 600 Millionen Euro. Angesichts dieser Zahlen ist klar: Ohne den öffentlichen Sektor stünde Deutschland nicht nur am Rand der Rezession, sondern mitten drin.
Die Beschäftigungsentwicklung bestätigt dieses düstere Bild. Der Industriesektor hat im Sommerquartal 85.000 Stellen abgebaut, während die öffentlichen Dienstleistungen 199.000 neue Arbeitsplätze schufen. Der Rest der Wirtschaft verlor 26.000 Beschäftigte.
PMI-Index als düstere Vorwarnung
Auch die Zukunftsaussichten sind alles andere als rosig. Der „HCOB Flash Deutschland Composite PMI“, ein Frühindikator der Marktforscher von S&P Global, zeigt, dass die deutsche Wirtschaft weiter abrutscht.
Mit 47,3 Punkten liegt der Index nicht nur deutlich unter der Wachstumsmarke von 50 Punkten, sondern erreicht den niedrigsten Stand seit Februar. Übersetzt heißt das: Der wirtschaftliche Rückgang beschleunigt sich.
„Dass die deutsche Wirtschaft im Jahr 2023 schrumpfen wird, ist unvermeidbar“, kommentiert Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK).
Für das Gesamtjahr prognostiziert er ein Minus von 0,2 Prozent beim BIP. Eine Erholung könnte frühestens Mitte 2024 einsetzen, doch selbst das bleibt angesichts des strukturellen Drucks fraglich.
Der Vergleich mit Singapur: Ein Blick auf das andere Ende der Welt
Dass es anders geht, zeigt ein Blick nach Singapur. Der Stadtstaat, trotz geopolitischer Spannungen ebenfalls belastet, meldete für das dritte Quartal ein beeindruckendes Wachstum von 5,4 Prozent. Dort hebt die Regierung die Jahresprognose auf 3,5 Prozent an. Deutschland kann von solchen Dynamiken derzeit nur träumen.
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