16. Januar, 2025

Wirtschaft

Deutschland: Sorgenkind der europäischen Wirtschaft

Deutschland: Sorgenkind der europäischen Wirtschaft

Deutschland hebt sich zunehmend als Sorgenkind innerhalb der europäischen Wirtschaft hervor. Die exportorientierte Nation sieht sich mit schleppender globaler Nachfrage und andauernder Preisdynamik konfrontiert. Laut Prognosen der Anwaltskanzlei Weil, Gotshal & Manges, wird die größte Volkswirtschaft Europas zum zweiten Jahr in Folge als die am meisten belastete Marktregion eingestuft. Im Szenario der Kanzlei, das weitere Störungen in den Lieferketten und protektionistische Handelspolitiken einbezieht, könnten die Belastungsgrade in Deutschland sogar jene der Pandemie übertreffen. Andrew Wilkinson, Partner bei Weil und Co-Leiter der Restrukturierungspraxis, betont, dass diese Entwicklung für Europa sehr ungewöhnlich sei. Während sich der Druck in Deutschland verstärkt, zeigen sich in anderen Teilen Europas Anzeichen einer Entspannung, wenn auch auf nach wie vor hohem Niveau. Besonders die großen Akteure in der Immobilienbranche kämpfen mit den Folgen der gestiegenen Zinsen, während Industriegiganten wie Volkswagen und BASF umfassende Kostensenkungen durchführen. Der Weil European Distress Index nennt Unsicherheit über den fundamentalen Wert von Finanzanlagen, Volatilität und erhöhtes Risiko als Kennzeichen des wirtschaftlichen Stresses. Besonders die Industrie erlebte die höchsten Belastungsstände seit September 2020 über einen rollierenden Dreimonatszeitraum. Verzögerungen bei Großprojekten aufgrund hoher Kapitalkosten und unsicherer Nachfrage verdeutlichen die Stagnationsgefahr. Wilkinson sieht keine massiven Insolvenzen unter großen Automobil- und Fertigungsunternehmen, betont jedoch, dass Zulieferer stark unter Druck geraten könnten. Bereits jetzt mussten Firmen wie der Maschinenbauer Manz und der Autozulieferer Walter Klein Insolvenz anmelden. Insgesamt verzeichnete Deutschland im letzten Quartal 2024 die höchste Anzahl an Unternehmensinsolvenzen seit der Finanzkrise, berichtet das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle. In Europa übertrafen die Unternehmensausfälle 2024 die Erwartungen von Weil. Dies könne auf die verstärkte Nutzung von Liability-Management-Transaktionen zurückzuführen sein. Dabei handelt es sich um Finanzmanöver, die oft als Zahlungsausfälle gewertet werden, jedoch keine aufgelösten Unternehmen betreffen. Diese Art von Transaktionen könnte die Ausfallraten in Europa weiter erhöhen.