Die neue Chefin der UN-Organisation für Migration (IOM), Amy Pope, äußerte die Ansicht, dass auch Migranten, die auf irregulärem Wege nach Deutschland gelangen, sowie abgelehnte Asylbewerber dazu beitragen könnten, den aktuellen Arbeitskräftemangel im Land zu beseitigen. Vor ihrem ersten Berlin-Besuch (ab Montag) erklärte sie gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass es für Arbeitgeber einfacher sei, Menschen einzustellen, die bereits im Land seien.
Laut Pope höre man aus dem Privatsektor vermehrt die Einschätzung, dass es leichter sei, bereits im Land lebende Personen zu beschäftigen. Aus praktischer Sicht spreche einiges dafür, so vorzugehen. Sie könne jedoch nachvollziehen, wenn Regierungen irregulär eingereisten Migranten keine Jobs anbieten möchten. Dies sei letztendlich eine politische Frage. Pope betonte zudem, dass es keine eindeutigen Beweise dafür gebe, dass irreguläre Migranten, die eine Arbeitserlaubnis erhalten, als Magneten für weitere Migranten dienen.
Die IOM stehe jedenfalls bereit und könne bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber und ausgewiesener Migranten sowie bei der Suche nach geeigneten Arbeitskräften im Ausland unterstützen.
Die Migrationspolitik Deutschlands lobte Pope als beispielhaft. Sie verwies auf Abkommen wie das mit Indien, bei denen Deutschland den Fachkräftebedarf ermittelt und Indien die entsprechenden Kandidaten sucht. Dies sei die beste Praxis. Jedoch sei dies nicht nur für Fachkräfte notwendig. Es fehlten auch Arbeitskräfte im Bauwesen, der Landwirtschaft und bei der Seniorenbetreuung. Hier könne die IOM helfen, den Bedarf zu decken. Die Organisation biete in Entsendeländern Aus- und Weiterbildungen sowie Sprach- und Kulturkurse im Zielland an.
Pope unterstrich zudem, dass der Arbeitskräftemangel real sei und weder der Einsatz künstlicher Intelligenz noch eine plötzliche Steigerung der Geburtenrate dies mittelfristig ändern könnten. Untersuchungen zeigten zudem, dass Volkswirtschaften langfristig von Migration profitierten, da sie Innovationen fördere und den Reichtum steigere. Privatunternehmen sollten vermehrt über Erfolgsgeschichten mit integrierten Migranten berichten, um Ängste in der Bevölkerung abzubauen. In Deutschland möchte Pope auch deutsche Firmen ermutigen, dies zu tun.
Des Weiteren wirbt die IOM-Chefin um private Investitionen in "das Personal der Zukunft". Die IOM könne Unternehmen dabei unterstützen, in Ausbildungsprogramme in anderen Ländern zu investieren, damit dort die nötigen Fähigkeiten erlernt werden, die die Unternehmen in zwei bis drei Jahren benötigen.
Amy Pope wird während ihres Berlin-Besuchs unter anderem Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze, Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration Reem Alabali-Radovan und Bernd Krösser, Staatssekretär im Innenministerium, treffen. Diskutiert werden unter anderem die Finanzierung von IOM-Programmen. Deutschland zählt zu den wichtigsten Gebern der Organisation.