Deutschlands ambivalente Bilanz in Sachen Klimaschutz sorgt für gemischte Gefühle: Einerseits wurden die nationalen Klimaziele für das Jahr 2022 erreicht, andererseits blieben die europäischen Vorgaben unerfüllt. Hauptverantwortlich dafür sind laut dem Bericht von Agora Energiewende unzureichende Fortschritte in den Sektoren Gebäude und Verkehr. Deutschland produzierte im vergangenen Jahr 656 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, ein Rückgang um knapp drei Prozent im Vergleich zu 2021. Während die Emissionswerte auf einem Tiefstand sind, wie zuletzt in den 1950er Jahren, ergibt sich eine Diskrepanz von zwölf Millionen Tonnen CO2 zu den EU-Zielen.
Obwohl die CO2-Reduktion in der Gebäudetechnik und im Verkehr um jeweils zwei Millionen Tonnen abgenommen hat, sind diese Zahlen auf milderes Wetter und die schwächelnde Wirtschaft zurückzuführen. Der Straßenverkehr ist sogar gewachsen, während das Klimaschutzgesetz im Gebäudebereich um neun Millionen Tonnen CO2 überschritten wurde.
Die Industrie erlebt trotz der Wirtschaftskrise einen Emissionsanstieg um drei Millionen Tonnen CO2, was auf den Einsatz fossiler Brennstoffe in energieintensiven Branchen zurückzuführen ist. Ohne weitere Maßnahmen drohen der Bundesregierung finanzielle Strafen seitens der EU, es sei denn, es können CO2-Zertifikate von anderen Staaten erworben werden, was jedoch ungewiss und risikobehaftet bleibt.
Die Energiewirtschaft hingegen hat maßgeblich zur Emissionsreduzierung beigetragen. Die Abkehr von Kohlekraftwerken führte zu einer Abschaltung von 6,1 Gigawatt Kapazität. Erneuerbare Energien deckten einen bedeutenden Teil des Energiebedarfs. Dennoch stehen aufgrund der wechselhaften Erträge aus Wind und Sonne Herausforderungen bevor. Zielgerichtete Anpassungen wie Stromspeicher und intelligente Zähler sind unerlässlich, um die Versorgungsstabilität zu wahren.
Im Strommarkt zeigen sich sinkende Preise nach dem Anstieg der Vorjahre, was sowohl private Haushalte als auch kleinere Gewerbe entlastet. Großverbraucher leiden jedoch weiter unter der Last von Preisanstiegen. Laut Simon Müller von Agora Energiewende sollte die Regierung stärker auf Fördermaßnahmen setzen, um die Abkehr von fossilen Brennstoffen zu unterstützen und den Ausbau klimafreundlicher Technologien wie Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge voranzutreiben.
Langfristig sollte Deutschland die Optimierung der erneuerbaren Energiequellen vorantreiben, um stabilere Preise sicherzustellen und den notwendigen Beitrag zum europäischen Klimaziel zu leisten.