Deutschlands Wirtschaft befindet sich in einer Phase der Schwäche, die laut Bundesbankpräsident Joachim Nagel nur behutsam mit einer Senkung der Zentralbankzinsen begegnet werden sollte, um die Inflationsgefahr vollständig zu bannen. Obwohl die Eurozone größtenteils an Deutschland vorbeizieht, kämpft die größte Volkswirtschaft der Region mit einer schwachen Nachfrage nach ihren Exportprodukten, einer Industrie in der Rezession und zurückhaltenden Verbrauchern, die ihre Ersparnisse horten.
Nagel unterstreicht die anhaltende Stagnation, die seit zweieinhalb Jahren das wirtschaftliche Geschehen prägt. Für das letzte Quartal des Jahres erwartet er eine Stagnation, die sich in negativem Wachstum äußern könnte, wodurch Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern des Blocks zurückfällt.
Während schwaches Wachstum Verbraucherpreise dämpft, mahnt Nagel zu Vorsicht bei schnellen Zinsanpassungen durch die Europäische Zentralbank (EZB). Er warnt vor schnellen Lohnsteigerungen und einer nach wie vor hohen Kerninflation. Zudem könnten die Handelsstrategien der neuen US-Administration die Inflation weiter anheizen.
Nagel betont die Wichtigkeit, die Geldpolitik schrittweise und mit Bedacht zu lockern. Dennoch sieht die EZB mit wachsendem Vertrauen ihrer 2%-Inflationsziel für das kommende Jahr entgegen. Die Zentralbank hat in diesem Jahr bereits dreimal die Zinsen gesenkt. Eine weitere Senkung am 12. Dezember gilt als sicher, wenngleich die Märkte über das Ausmaß uneins sind: Die Chancen stehen bei 40%, dass die Bank sich für eine Reduzierung um 50 Basispunkte entscheidet anstelle der üblichen 25, angesichts des schwachen Wachstums.
Mit einem Rückgang des Einlagenzinssatzes von derzeit 3,25% auf 1,75% bis Ende nächsten Jahres, deutet dies auf einen notwendigen Stimulus durch die Zentralbank hin, der unter dem sogenannten neutralen Zinssatz liegt.