Die Bundesregierung zeigt sich zurückhaltend gegenüber möglichen Sonderregelungen für Länder wie Italien, Spanien und Belgien, um deren Verteidigungsausgaben innerhalb der EU zu erhöhen. Bundesfinanzminister Jörg Kukies betonte bei einem Treffen der Euro-Gruppe, dass nur jene Staaten von den Ausnahmeregelungen profitieren sollten, die bereits mindestens zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben. Diese Forderung deckt sich mit dem Nato-Ziel, an dem einige Länder wie Italien, Spanien, Belgien und Luxemburg derzeit mit Quoten unter 1,5 Prozent deutlich vorbeischrammen.
Kukies machte deutlich, dass Deutschland und andere Mitglieder der EU auch ohne Sonderregelungen zu den geforderten Verteidigungsausgaben kommen können. Anpassungen bei den europäischen Schuldenregeln sollten nach seiner Auffassung nur speziell für neue Verpflichtungen gelten. Finanzielle Stabilität und Schuldentragfähigkeit der Staaten bleiben laut Kukies essenziell.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen setzt zur Förderung der Verteidigungsausgaben auf die sogenannte nationale Variante der Ausweichklausel in den Schuldenregeln, um auf außergewöhnliche Umstände wie den russischen Angriff auf die Ukraine zu reagieren. Eine weitere Option wäre die allgemeine Klausel, die allerdings das Vorliegen eines starken Konjunkturabschwungs voraussetzt. Diese wurde zuletzt in der Corona-Pandemie aktiviert.
Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte zuletzt den Wunsch nach einer gezielten Regeländerung der EU-Schuldenvorgaben, um präziser und transparenter in Verteidigungsgüter zu investieren. Trotz der Argumentationsstärke bleibt der Erfolg dieses Vorschlags fraglich, zumal die EU-Kommission den Vorstoß übernehmen müsste, was mögliche Befugnisverluste für von der Leyen zur Folge hätte.
Die EU-Kommission schätzt den Bedarf an zusätzlichen Verteidigungsinvestitionen in den kommenden zehn Jahren auf rund 500 Milliarden Euro. Projekte wie ein europäisches Luftverteidigungssystem und die Verstärkung der östlichen Landgrenze der Union stehen dabei im Raum.