Deutschland steht am Rand eines neuen Rekordes – allerdings in einer Kategorie, die wenig Anlass zur Freude gibt: Die Gesamtverschuldung von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen kletterte bis Ende des dritten Quartals 2024 auf 2.488,6 Milliarden Euro.
Das entspricht einem Anstieg von 1,8 Prozent oder 43,5 Milliarden Euro seit Ende 2023, wie aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen. Die Zahlen verdeutlichen: Trotz wirtschaftlicher Erholung nach der Corona-Pandemie bleibt das Land tief in den roten Zahlen.
Bund: Neue Milliarden trotz sinkendem Corona-Fonds
Mit einem Schuldenberg von 1.717,6 Milliarden Euro bleibt der Bund der Hauptverantwortliche für die öffentliche Verschuldung. Allein im dritten Quartal 2024 stieg die Bundesschuld um 21,9 Milliarden Euro.
Besonders bemerkenswert: Während das Sondervermögen „Wirtschaftsstabilisierungsfonds Corona“ um 24 Prozent schrumpfte, schoss das „Sondervermögen Bundeswehr“ um 166,7 Prozent auf 15,5 Milliarden Euro nach oben.
„Die Neuausrüstung der Bundeswehr ist dringend notwendig, doch der Schuldenanstieg zeigt, wie teuer dieses Projekt ist“, so ein Experte des Bundesrechnungshofs.
Das „Sondervermögen Bundeswehr“ bleibt eine zentrale Baustelle, da die beschleunigte Kreditaufnahme die Gesamtbilanz des Bundes zusätzlich belastet.
Länder: Überraschende Schulden-Booster
Auch die Länder tragen ihren Anteil am Schuldenanstieg: Insgesamt 606,1 Milliarden Euro beträgt die Verschuldung, ein Zuwachs von 2 Prozent oder 11,9 Milliarden Euro seit Jahresbeginn.
Besonders stechen Mecklenburg-Vorpommern (+13 Prozent) und Rheinland-Pfalz (+10,6 Prozent) hervor. In Mecklenburg-Vorpommern wurden auslaufende Kredite am Kapitalmarkt refinanziert, während Rheinland-Pfalz mit einem Entschuldungsprogramm für Kommunen die Last von den Gemeinden auf das Land verlagerte.
Ein Lichtblick: Bundesländer wie Niedersachsen (-2,5 Prozent) und Hamburg (-2,1 Prozent) verzeichneten Rückgänge, zeigen jedoch nur, dass gezielte Haushaltsdisziplin lokal umsetzbar bleibt – eine Ausnahme, die den Gesamttrend kaum beeinflusst.
Gemeinden und Kommunen: Die stille Schuldenfalle
Die Gemeinden und Gemeindeverbände erhöhten ihre Schulden auf 163,4 Milliarden Euro, ein Anstieg von 5,6 Prozent oder 8,7 Milliarden Euro im Vergleich zu Ende 2023.
Besonders betroffen sind Mecklenburg-Vorpommern (+12,3 Prozent), Sachsen (+11,8 Prozent) und Bayern (+9,7 Prozent). Diese Steigerungen zeigen, wie stark die kommunale Ebene unter finanziellem Druck steht – oft durch steigende Sozialausgaben und Investitionen in Infrastruktur.
„Viele Gemeinden sehen sich gezwungen, Kredite aufzunehmen, um ihre Aufgaben zu erfüllen“, erläutert ein Sprecher des Deutschen Städtetags. „Die finanziellen Spielräume schrumpfen, während die Erwartungen an lokale Leistungen wachsen.“
Sozialversicherung: Ein Tropfen auf den heißen Stein
Die Sozialversicherung verzeichnete als einzige Ebene einen Rückgang der Verschuldung um 1,7 Prozent auf 40,3 Millionen Euro. Dieser Erfolg ist jedoch kaum spürbar im Gesamtkontext der öffentlichen Finanzen.
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Die geringe absolute Summe der Sozialversicherungsverschuldung zeigt, dass strukturelle Probleme eher bei Bund und Ländern zu suchen sind.
Wie gefährlich ist der wachsende Schuldenberg?
Ökonomen sind uneins, wie bedrohlich die steigende Verschuldung tatsächlich ist. Zwar bleibt Deutschland im europäischen Vergleich relativ stabil, doch die Dynamik des Schuldenwachstums bereitet Sorge.
„Die Zinslast wird wieder ein Faktor, sobald die aktuellen Niedrigzinsen auslaufen“, warnt ein Analyst des Instituts für Wirtschaftsforschung. Vor allem langfristige Projekte wie die Bundeswehr oder Investitionen in die Infrastruktur könnten die Haushaltsplanung über Jahre hinaus belasten.