Die letzten Jahre haben Deutschland auf eindrucksvolle Weise verdeutlicht, dass dringender Handlungsbedarf im Bereich der Katastrophenvorsorge besteht. "Widerstandsfähigkeit muss unser aller Ziel sein", verkündet Ralph Tiesler, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, überzeugt. Besonders wichtig sei es, die Bevölkerung für Gefahren zu sensibilisieren und zu informieren, wie sie in Notsituationen einander unterstützen könne, um Menschenleben zu retten.
Der Konflikt in der Ukraine und die zunehmenden hybriden Bedrohungen haben zudem die Sicherheitssituation neu definiert. In dieser veränderten Lage fordert Tiesler nicht nur verstärkte militärische Maßnahmen, sondern vor allem eine Intensivierung des Zivilschutzes. Erfreulicherweise steigt das Interesse am Notfall-Ratgeber des BBK stetig, mit einer halben Million gedruckten Exemplaren jährlich und zahlreichen Online-Zugriffen.
Eine nicht unbedeutende Herausforderung bleibt jedoch: Wo genau können Menschen im Notfall unmittelbaren Schutz finden? Das Schutzraumkonzept, entwickelt in Kooperation mit allen Bundesländern, der Bundeswehr und dem Innenministerium, zielt darauf ab, diese Frage zu beantworten. Anstelle neuer Bunkerbauten setzt man auf eine pragmatische Nutzung privater Keller und innenliegender Räume, die mit einfachen Mitteln sicherer gestaltet werden können.
Zusätzlich adressiert das BBK den öffentlichen Raum als potenziellen Schutzort. Tiefgaragen, Kaufhauskeller oder U-Bahn-Stationen könnten künftig als Notunterkünfte dienen. Wichtige Informationen zu solchen Schutzräumen sollten im Idealfall direkt mit Warnmeldungen auf Mobilgeräten landen.
Die Frage der Beschilderung im Falle eines Ausfalls des Mobilfunknetzes wird ebenfalls diskutiert, während das bundesweite Warnsystem – bestehend aus Cell Broadcast, Warn-Apps und traditionellen Sirenen – stetig verbessert wird. Jedoch zeigt die Aufstellung und Modernisierung der Sirenen weiterhin Verzögerungen, nicht zuletzt durch Lieferengpässe.
Die NATO-Anforderungen, im Ernstfall zwei Prozent der Bevölkerung – etwa 1,6 Millionen Menschen – unterzubringen, bedingen gesetzliche Anpassungen. Ein Pilotprojekt mit dem Deutschen Roten Kreuz, das bis zu 5.000 Personen versorgen kann, steht bereits in den Startlöchern. Allerdings ist die Finanzierung dieser Einheiten derzeit noch unzureichend gesichert. Katastrophenschutz-Experte Leon Eckert mahnt: "Die Verantwortung liegt bei den Ländern, ausreichend Betreuungsplätze zu gewährleisten."