Der deutsche Einzelhandel steht vor ernsthaften Herausforderungen: Eine von sieben Geschäften in Europas größter Volkswirtschaft fürchtet die Schließung, da die Verbraucher massiv ihre Ausgaben zurückfahren. Laut einer Umfrage des ifo Instituts ist der Anteil der Unternehmen im Einzelhandelssektor, die eine Schließung befürchten, von 10,3 Prozent im Vorjahr auf 13,8 Prozent im Oktober gestiegen – der höchste Wert aller Branchen.
Die ohnehin schwache Wachstumsprognose für die deutsche Wirtschaft wird zusätzlich durch politische Turbulenzen erschüttert. Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz seinen Finanzminister entlassen hat und die Koalition vergangenen Woche zusammenbrach, muss das Regierungsbündnis am 16. Dezember ein Misstrauensvotum überstehen. Ein Wahlschlappe wird allgemein als wahrscheinlich angesehen, was zu Neuwahlen im Februar führen könnte.
Auch außerhalb des Einzelhandels hat sich die wirtschaftliche Lage verschärft: Der Anteil der deutschen Unternehmen, die um ihr wirtschaftliches Überleben fürchten, stieg von 6,8 Prozent im Vorjahr auf 7,3 Prozent im Oktober an. Grund hierfür ist ein deutlicher Rückgang bei den Bestellungen, während die Unternehmen mit steigenden Personalkosten, hohen Energiekosten und wachsendem internationalem Wettbewerbsdruck konfrontiert sind.
Klaus Wohlrabe, Leiter der Umfragen beim ifo, betont: „Die stetige Zunahme von Unternehmensinsolvenzen wird sich wahrscheinlich fortsetzen.“ Neben fehlenden Aufträgen sorgen wachsender internationaler Druck und steigende bürokratische Anforderungen für zusätzliche Kostenbelastungen bei den Unternehmen.
Die deutsche Wirtschaft kämpft zudem mit einer Rezession im verarbeitenden Gewerbe, einer Baukrise und einer schwachen Nachfrage aus China, dem größten Handelspartner des Landes. Der Anteil der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe, die ernsthafte wirtschaftliche Probleme berichten, stieg von 6,4 Prozent im vergangenen Oktober auf 8,6 Prozent in diesem Jahr.
Ebenfalls alarmierend ist, dass deutsche Auto-Verkäufe den stärksten Rückgang seit den Covid-Lockdowns verzeichnen. Getrennte Untersuchungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigen zudem einen deutlichen Rückgang des Geschäftsklimas, ausgelöst durch das Ergebnis der US-Wahlen. Der ZEW-Wirtschaftsindex fiel von 13,1 auf 7,4 im November, weit entfernt von den 47,5 im Juni, da die Sorgen über drohende aggressive US-Handelszölle wuchsen.