28. November, 2024

Education

Deutsch als Schlüssel: Warum internationale Studenten Deutschland den Rücken kehren

Deutschland zieht jährlich hunderttausende internationale Studierende an, doch nach dem Abschluss kehren die meisten dem Land den Rücken. Die Bundesagentur für Arbeit sieht Versäumnisse – auch bei den Hochschulen.

Deutsch als Schlüssel: Warum internationale Studenten Deutschland den Rücken kehren
Indische Studierende sind an deutschen Unis stark vertreten, doch viele gehen nach dem Abschluss ins Ausland – ein Verlust für den Arbeitsmarkt.

Deutschland ist eines der begehrtesten Ziele für Studierende aus aller Welt. Mit fast 370.000 internationalen Studentinnen und Studenten belegen die hiesigen Universitäten in Sachen Attraktivität Spitzenplätze.

Doch nach dem Abschluss bleiben nur wenige der ausgebildeten Talente hier, um in der deutschen Wirtschaft Fuß zu fassen. Besonders tragisch: Gerade in den MINT-Fächern – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – fehlt es in Deutschland dringend an Fachkräften, während Absolventen dieser Fächer nach Kanada oder Großbritannien abwandern.

Warum gehen die Talente verloren?

Die Gründe für die Abwanderung liegen auf der Hand. Vanessa Ahuja, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, sieht den fehlenden Fokus auf Sprachkenntnisse als entscheidendes Hindernis: „Deutsch muss in die Lehrpläne rein“, fordert sie.

Tatsächlich mangelt es vielen Absolventen an ausreichenden Deutschkenntnissen, um nach dem Studium einen reibungslosen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu finden. Englischsprachige Studiengänge erleichtern zwar den Zugang zu deutschen Hochschulen, schaffen aber nicht die Voraussetzungen, um langfristig im Land zu bleiben.

Fehlende Deutschkenntnisse verhindern oft, dass internationale Absolventen Jobs in Deutschland finden.

Gerade in technischen Berufen, die ein hohes Maß an Kommunikation mit Teams, Kunden oder Behörden erfordern, sind fließende Deutschkenntnisse oft unverzichtbar. Fehlen diese, weichen Absolventen auf Länder aus, in denen sie mit Englisch als Arbeitssprache besser zurechtkommen. Länder wie Kanada oder Großbritannien profitieren so von hochqualifizierten Kräften, die Deutschland dringend benötigen würde.

Indien überholt China: Ein neuer Rekord

Bemerkenswert ist der massive Anstieg indischer Studierender. Mit über 42.000 Immatrikulationen haben sie die bisher größte Gruppe – chinesische Studierende – überholt. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat sich die Zahl der indischen Studierenden seit 2017 mehr als verdoppelt, während die Zahl chinesischer Studenten stagniert.

Dieser Zuwachs kommt nicht von ungefähr: Deutsche Hochschulen bieten international attraktive Studiengänge in den Bereichen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Ingenieurswesen. Dennoch gelingt es selten, diese Talente langfristig zu binden.

„Indische Absolventen mit Studiengängen wie Informatik oder Ingenieurswissenschaften sind weltweit begehrt“, erklärt Berit Schmiedendorf vom IW. „Deutschland kann hier nur mithalten, wenn das Umfeld stimmt – und dazu gehört, dass sie eine Perspektive haben, nach dem Studium dauerhaft zu bleiben.“


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Hochschulen unter Zugzwang

Die Hochschulen stehen in der Verantwortung, Lösungen anzubieten. Dazu gehört nicht nur die Vermittlung von Sprachkenntnissen, sondern auch die gezielte Vorbereitung auf den deutschen Arbeitsmarkt. Unternehmen erwarten praxisnah ausgebildete Absolventen, die den Anforderungen des Berufsalltags gerecht werden.

Während Universitäten zwar eine enorme Bandbreite an Studiengängen – aktuell über 23.000 – anbieten, mangelt es oft an klarer Verzahnung mit der Wirtschaft. Vor allem in spezialisierten Fächern wie Nachhaltigkeitsmanagement oder Digitalisierung sehen viele Unternehmen Nachholbedarf in der praktischen Anwendung.

BAföG und der Kampf um Chancengleichheit

Neben den Herausforderungen für internationale Studierende stehen auch viele deutsche Studenten vor finanziellen Hürden. Knapp eine halbe Million von ihnen erhält BAföG. Die kürzlich eingeführten Erhöhungen sollen zumindest teilweise die Belastungen durch Inflation abfedern. So stieg der Grundbedarfssatz auf 475 Euro, der Höchstförderbetrag wurde auf knapp 1000 Euro angehoben. Doch selbst diese Erhöhungen ändern wenig daran, dass der Zugang zu Bildung oft ungleich verteilt bleibt.