Jahrzehntelang sparen wir fleißig für einen komfortablen Ruhestand, nur um dann festzustellen, dass viele es weiterhin vorziehen, ihre Ausgaben im Alter zu reduzieren. Dieses überraschende Verhalten, das als 'Rentenverbrauchsparadox' bekannt ist, wirft Fragen über unsere alltäglichen finanziellen Entscheidungen auf.
Die Theorie wird von der Forschung des Nobelpreisträgers Franco Modigliani und seines Schülers Richard Brumberg unterstützt, die besagt, dass Menschen ihr Spar- und Konsumverhalten auf ein lebenslang gleichbleibendes Einkommensprofil ausrichten. Dabei nehmen viele im Frühstadium ihrer Karriere Schulden auf, in der Erwartung, dass ein höheres Einkommen im späteren Leben den Schuldenabbau ermöglicht. Sobald das Einkommen wächst, wird verstärkt gespart, um im Ruhestand den gewohnten Lebensstandard zu halten.
In der Praxis sieht es jedoch anders aus. Laut der Schroders 2024 US Retirement Survey glauben 32 Prozent der Rentner, nicht genug gespart zu haben, während 68 Prozent fürchten, dass ihre Ersparnisse nicht ausreichen werden. Besorgt über Inflation, Gesundheitskosten und Marktvolatilität sind die Rentner verständlicherweise vorsichtig in der Geldentnahme.
Diese Vorsicht führt jedoch dazu, dass über 80 Prozent der Rentner lediglich die vorgeschriebenen Mindestausschüttungen aus ihren Konten vornehmen – ein Fehler, der teuer werden kann. Das bedeutet, sie schränken ihr Einkommen genau dann ein, wenn sie es am meisten genießen könnten, nämlich in den aktiveren Jahren ihres Ruhestands. Ironischerweise erhalten sie das höchste Einkommen erst, wenn sie es weniger benötigen.