Kann es ihn wirklich geben, den perfekten Pub? Diese Frage stellte sich schon George Orwell in seinem Essay „The Moon Under Water“ aus dem Jahr 1946. Mit zahlreichen ungewöhnlichen, aber wesentlichen Anforderungen an seinen Traum-Pub hat er die Fantasie vieler angestoßen, darunter auch die von Tim Martin, Gründer von JD Wetherspoon. Doch was tun, wenn dem Ideal in der Realität die Mittel fehlen?
Immer mehr Pub-Enthusiasten sind genau diesem Dilemma begegnet und haben sich entschieden, ihre eigene Kneipe in den Schuppen, Kellern oder Garagen ihres Heims zu realisieren. Besonders während der Lockdowns erlebte dieser Trend einen Aufschwung. So wie bei Ciaran O'Shea, der mit seiner Familie in Southend-on-Sea den „The Bloody Finger“ aus dem Nichts schuf. Jede Mission erforderte eine geschickte Hand und die kreative Wiederverwertung alter Pub-Materialien.
Die finanzielle und kreative Herausforderung wurde zur Chance: Statt steigender Kosten für tradierte Pubs eröffnen nun zunehmend Heimkneipen in England, ein Trend, den auch der britische Immobilienexperte Altus durch Zahlen untermauert. Das Unternehmen meldete, dass in der ersten Hälfte des Jahres 2024 monatlich 50 Pubs dauerhaft schließen mussten.
Ein besonderes Phänomen ist der Wettbewerb „Pub Shed of the Year“, der von der Schildermanufaktur „Two Fat Blokes“ organisiert wird. Hierin zeigt sich das neue Interesse zur Perfektion: Der diesjährige Gewinner aus Hampshire, „The Winchester“, beeindruckt als makellose Replik eines englischen Edwardian Pubs.
Interessanterweise eröffnet die Leidenschaft für den heimischen Zapfhahn nicht nur Wohneigentümern neue Welten. So verwandelte Mieter Henry Williams mit seinen Mitbewohnern ihre Garage in „The Bad Samaritan“, obwohl die Mietbedingungen sie formal dort einschränken.
Ein ganzes Stück weiter geht Liam Hennessy, dessen Pub „Johnny's Bar“ in seinem Haus in Dorset nicht nur den nostalgischen Reiz eines alten East End Pubs verfolgt, sondern einen Lebensstil zu definieren scheint. Mit seiner heimischen Kneipe holt er die Romantik von früheren Pub-Erfahrungen direkt ins Wohnzimmer und spart dabei auch noch die Kosten eines Kneipenbesuchs.
Diese Homepubs, so O'Shea, sind dazu bestimmt, intime Gemeinschaften zu schaffen, in denen Freuden und Leiden geteilt werden. Es scheint, dass in dieser kreativen Nische mehr als nur ein wirtschaftlicher Vorteil liegt. Der wahre Gewinn: Ein Zuhause im eigenen Pub zu finden und, womöglich, eine ganze Community zu dem gemeinsamen Genuss zu inspirieren.