111 Milliarden Euro Nettogewinn – trotz Konjunkturschwäche
Deutschlands wichtigste börsennotierte Unternehmen haben im Geschäftsjahr 2024 insgesamt 111 Milliarden Euro Nettogewinn erwirtschaftet. Es ist das drittbeste Ergebnis aller Zeiten, übertroffen nur von den Rekordjahren 2021 und 2022.
Allen voran: Volkswagen, Deutsche Telekom und Mercedes-Benz, die zusammen fast ein Drittel der Gewinne beisteuerten. Doch der Eindruck einer rundum starken Wirtschaft täuscht – unter der glänzenden Oberfläche zeigen sich bereits Spannungsrisse.
Die gute Bilanz ist vor allem das Ergebnis von drei Trends: massiven Sparprogrammen, einem Rückzug aus dem deutschen Markt und dem Boomgeschäft in den USA.
Gleichzeitig kündigen immer mehr Unternehmen an, Jobs zu streichen, Investitionen zu verlagern oder sich gegen geopolitische Risiken abzusichern. Was als Erfolg gefeiert wird, ist also auch das Resultat struktureller Verschiebungen – zulasten des Standorts Deutschland.
Gewinne auf Rekordhöhe – Beschäftigung im Sinkflug
Elf Dax-Konzerne verbuchen 2024 den höchsten Nettogewinn ihrer Firmengeschichte, darunter Rheinmetall, Allianz, Munich Re, MTU, Commerzbank und Siemens Energy.
Gleichzeitig wurden bei SAP, BASF, VW, Daimler Truck, DHL und Henkel umfassende Stellenstreichungen angekündigt. Allein bei VW sollen 35.000 Jobs wegfallen, bei SAP sind es 8000, bei der Commerzbank 3300.
Der Zusammenhang ist klar: Viele der Sparprogramme entfalten erst ab 2025 ihre volle Wirkung – der Abbau von Personal senkt die Fixkosten und steigert die Profitabilität, auch wenn er zunächst teuer ist.

Die Kombination aus Rekordergebnissen und Arbeitsplatzverlusten dürfte daher zunehmend zum Zündstoff in der gesellschaftlichen Debatte werden.
Infrastrukturpaket als Wachstumsmotor
Das geplante 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturprogramm der Bundesregierung ist einer der Hoffnungsträger für 2025. Analysten erwarten, dass es Investitionen ankurbelt und die Wachstumsschwäche der vergangenen Jahre überwindet.
Unternehmen wie Heidelberg Materials und Siemens Energy könnten zu den Profiteuren gehören, ebenso wie Bauzulieferer und Technologiekonzerne.
Doch noch ist unklar, wann das Geld tatsächlich fließt – und wie es verteilt wird. In der Vergangenheit scheiterten viele Programme an langwierigen Genehmigungsverfahren, politischen Blockaden oder einem Mangel an Fachkräften. Ohne rasche Umsetzung bleibt der Investitionsplan ein Konjunkturversprechen – mit Verfallsdatum.
US-Geschäft rettet die Bilanz
Der Anteil der im Inland erzielten Umsätze liegt bei den Dax-Konzernen inzwischen nur noch bei 19 % – so wenig wie nie zuvor. Gleichzeitig stieg der Anteil Nordamerikas auf über 31 %.
Zehn Dax-Unternehmen erzielen inzwischen mehr als 30 % ihrer Umsätze in den USA, bei Deutsche Telekom und Fresenius Medical Care sind es sogar über 60 %.
Gründe für den Trend: niedrigere Energiepreise, bessere Produktionsbedingungen, staatliche Förderprogramme – und eine wachsende Konsumlust in Übersee, während Europa weiter stagniert.
Für den Standort Deutschland bedeutet das einen schleichenden Bedeutungsverlust, der sich mittelfristig auch in Innovationskraft, Investitionen und Steueraufkommen niederschlagen dürfte.
Zollrisiken rücken näher – Trumps Drohung hängt über allem
Die größte Unsicherheit für 2025 liegt nicht in den Bilanzen, sondern im politischen Risiko: Sollte der erneut kandidierende Donald Trump in den USA Zölle auf europäische Produkte verhängen, droht eine Eskalation.
Laut EZB würde ein 25-Prozent-Zoll das BIP im Euroraum um bis zu 0,5 Prozentpunkte drücken – mit besonders starken Effekten für exportabhängige Konzerne wie BMW, Infineon oder Continental.
Die Unternehmen bereiten sich bereits vor. BMW hat vorsorglich eine Milliarde Euro zurückgestellt, Infineon warnt vor Absatzeinbrüchen bei Halbleitern für US-Automärkte, Continental rechnet mit höheren Produktionskosten wegen seiner Werke in Mexiko. Ein Handelskrieg könnte die mühsam errungenen Gewinne rasch zunichtemachen – oder die Standortverlagerung ins Ausland weiter beschleunigen.
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