Als Deutschland 2022 endgültig aufhörte, russisches Gas zu importieren, schien die Abhängigkeit von Moskau beendet. Doch hinter den Kulissen setzt der Staatskonzern Sefe, ehemals Gazprom Germania, weiterhin auf russisches Flüssiggas – allerdings nicht für den heimischen Markt.
Stattdessen wird das Gas nach Indien weiterverkauft, basierend auf einem langfristigen Vertrag, der noch bis 2040 läuft.
Dieser Deal bringt nicht nur moralische Dilemmata, sondern auch finanzielle Belastungen mit sich: Vor kurzem musste Sefe im Rahmen eines Schiedsverfahrens 285 Millionen Dollar Strafe zahlen, weil es Lieferungen während der Energiekrise nicht erfüllen konnte.
Der Fall offenbart die tiefgreifenden Probleme des deutschen Gashändlers und zeigt, wie Deutschland indirekt Putins Kriegskasse füllt.
Ein Vertrag mit bitterem Beigeschmack
Sefe wurde während der Energiekrise von der Bundesregierung verstaatlicht, um die Gasversorgung Deutschlands zu sichern. Doch der Konzern ist weit mehr als ein lokaler Energiehändler.
Als ehemalige Tochter von Gazprom ist Sefe global tätig und unterhält zahlreiche internationale Verträge, darunter eine Vereinbarung mit dem indischen Energieunternehmen GAIL.
Der Vertrag sieht vor, dass Sefe jährlich Flüssiggas aus Russland bezieht und an GAIL weiterverkauft. Auf dem Papier scheint dies ein gewöhnliches Geschäft zu sein, doch die Realität ist weitaus komplizierter.
Russland profitiert weiterhin von Milliarden, die durch den Verkauf des Gases generiert werden – Geld, das in Putins Kriegskasse fließt.
Hohe Kosten und moralische Fragen
Die jüngste Strafe von 285 Millionen Dollar zeigt, wie teuer dieser Vertrag für den deutschen Staat ist. Die Zahlung wurde notwendig, weil Russland im Zuge der Verstaatlichung von Sefe Lieferungen eingestellt hatte. Das indische Unternehmen GAIL klagte daraufhin auf Schadensersatz.
Obwohl Sefe den ursprünglichen Forderungen von 1,8 Milliarden Dollar entging, bleibt die finanzielle Belastung erheblich. Darüber hinaus steht die moralische Frage im Raum: Wie vertretbar ist es, dass ein deutscher Staatskonzern weiterhin russisches Gas finanziert, während Deutschland selbst Sanktionen gegen Moskau verhängt hat?
Alternativen fehlen
Sefe-CEO Egbert Laege hat die Position des Unternehmens mehrfach klar gemacht: Es gibt keinen rechtlichen Spielraum, um den Vertrag vorzeitig zu beenden.
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Der sogenannte „Take-or-Pay“-Vertrag verpflichtet Sefe, das Gas entweder abzunehmen oder trotzdem zu zahlen. Würde Sefe die Lieferungen einstellen, könnte Russland nicht nur auf Entschädigung klagen, sondern das Gas doppelt verkaufen.
Diese Zwickmühle macht deutlich, wie tief die Altlasten aus der Gazprom-Vergangenheit des Unternehmens reichen. Selbst eine mögliche Privatisierung von Sefe würde das Problem nur bedingt lösen, da der Vertrag bis 2040 läuft.
Politisches Schweigen
Das Dilemma bringt auch die Bundesregierung in Bedrängnis. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vermeidet jede klare Stellungnahme zu dem Thema.
Stattdessen wird die Verantwortung auf Sefe abgeschoben. Doch die politische Brisanz des Falls lässt sich nicht leugnen: Während Deutschland versucht, sich moralisch von Russland zu distanzieren, profitiert Moskau weiterhin von deutschen Staatsgeldern.
Eine mögliche Lösung könnte in einer Neuverhandlung der Verträge liegen. Doch das ist leichter gesagt als getan. Russland hat wenig Interesse daran, auf die Einnahmen zu verzichten, und Indien ist auf die Gaslieferungen angewiesen.