Fintech-Erfahrung trifft auf KI-Ambitionen
Lukas Zörner kennt die Fintech-Szene wie kaum ein anderer: Bei Penta machte er sich als Mitgründer des Geschäftskonten-Startups einen Namen, später führte er als Deutschlandchef die Geschäfte der Digitalbank Qonto.
Jetzt wagt der 32-Jährige den nächsten Schritt – zusammen mit Anil Baykal, früherer CTO beim Berliner Fintech-Builder Finleap. Ihr neues Projekt: Integral, ein Startup, das die Buchhaltung und Steuerberatung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mithilfe von KI automatisieren will.
Millionenfinanzierung zum Start
Noch bevor der erste Kunde an Bord war, konnten die Gründer namhafte Investoren überzeugen: 6,3 Millionen Euro Kapital stellen unter anderem Cherry Ventures, Puzzle Ventures und der US-Investor General Catalyst bereit.
Besonders bemerkenswert: Hinter General Catalyst steht Jeannette zu Fürstenberg, eine der einflussreichsten Investorinnen der Fintech-Szene. Auch bekannte Gründer wie Moss-CEO Ante Spittler, Qonto-CEO Alexandre Prot und Taktile-CEO Maik Wehmeyer sind mit an Bord – ein starkes Signal für die Branche.
Doch mit Kapital allein ist es nicht getan. Der Markt für Buchhaltungssoftware ist hart umkämpft, zahlreiche Anbieter liefern sich einen Wettbewerb um KMU-Kunden. Integral muss mehr bieten als bestehende Lösungen – und genau hier setzen Zörner und Baykal an.
Ein Milliardenmarkt – und jede Menge Konkurrenz
Rund 45 Milliarden Euro geben deutsche Unternehmen jährlich für Buchhaltung und steuerliche Compliance aus. Gerade kleinere Firmen investieren im Schnitt zwei Prozent ihres Umsatzes, um ihre Finanzen im Griff zu behalten.
Integral will diesen Markt erobern – mit einer Plattform, die Buchhaltung, Lohnabrechnung und Steuerberatung in einem einzigen Tool bündelt.
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Doch die Konkurrenz ist groß. Von etablierten Steuerkanzleien über klassische Buchhaltungssoftware bis hin zu Fintechs mit Automatisierungsangeboten – der Markt ist gesättigt.
„Viele Unternehmen haben Schwierigkeiten, den richtigen Steuerberater zu finden und ihre Buchhaltung korrekt und effizient zu erledigen“, sagt Zörner. „Wir wollen genau hier ansetzen und eine Plattform bauen, die diese Prozesse vollständig abdeckt.“
Integral arbeitet dazu mit einer Berliner Steuerberatungskanzlei zusammen, die kritische Aufgaben wie Steuererklärungen übernimmt. Die Plattform selbst soll KMU und Steuerberater effizient vernetzen – und den Großteil der Arbeit automatisieren.
Agentic Workflows: KI, die mehr kann
Der Einsatz von künstlicher Intelligenz ist längst Standard im Fintech-Bereich – zumindest auf dem Papier. Viele Startups werben mit KI, liefern aber meist nur einfache Automatisierungen, wie das Auslesen von Belegen. Integral will mehr: Agentic Workflows.
Diese KI-Systeme sollen eigenständig Aufgaben erledigen, sich an veränderte Bedingungen anpassen und Entscheidungen treffen – allerdings immer mit einem menschlichen Kontrollmechanismus.
„Unsere KI wird nie eigenständig handeln“, erklärt Zörner. „Jede Entscheidung wird durch einen Partner-Steuerberater freigegeben. Das ist für uns essenziell.“ Auch wenn große Tech-Konzerne wie Microsoft, Google und Salesforce an ähnlichen Lösungen arbeiten, sieht Integral eine Lücke im Markt: Die Verbindung von hochentwickelter KI mit den speziellen Anforderungen von KMU in der Steuerberatung.
Vom Berliner Büro aus in ganz Europa?
Schon jetzt hat Integral erste Kunden gewonnen, darunter die KI-Plattform Langdock, deren CEO Lennard Schmidt zugleich als Business Angel beteiligt ist.
Zunächst liegt der Fokus auf Dienstleistungsunternehmen, die besonders stark auf effiziente Buchhaltungsprozesse angewiesen sind. Doch die Gründer haben größere Pläne: Eine Expansion in ganz Europa.
Dass sie das Potenzial und die Erfahrung haben, bezweifelt kaum jemand. Zörner hat mit Penta und Qonto bewiesen, dass er Fintech-Produkte erfolgreich aufbauen und skalieren kann. Baykal bringt das technische Know-how aus seiner Zeit bei Finleap mit, wo er komplexe digitale Finanzprodukte entwickelt hat. Nun wollen sie mit Integral eine KI-Plattform etablieren, die den Steuerberatungsmarkt nachhaltig verändert.
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