Die explodierenden Energiepreise treiben Hausbesitzer und Mieter zu neuen Lösungen. Eine davon: Isoliertapeten. Hersteller werben mit Einsparungen von bis zu 22 Prozent bei den Heizkosten – dank einer dünnen Schicht aus Luftkammern, die die Wärme im Raum halten soll.
Doch stimmt das wirklich? Experten äußern Zweifel, ob diese vermeintlich einfache Lösung den hohen Erwartungen gerecht wird.
Wärmedämmung in der Wandtapete?
Isoliertapeten bestehen aus einem Vlies mit winzigen Luftbläschen, die Wärme speichern und so die Heizkosten senken sollen. Hersteller wie Erfurt & Sohn preisen ihre Produkte als günstige Alternative zu teuren Außendämmungen an. Doch die Realität ist komplexer.
„Diese Tapeten können in bestimmten Fällen einen leichten Einspareffekt bringen“, sagt Christian Handwerk, Experte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Doch das funktioniert nur bei älteren Gebäuden mit ungedämmtem Ziegelmauerwerk.“ In modernen oder bereits sanierten Häusern hingegen sei der Effekt nahezu vernachlässigbar.
Kritik an fragwürdigen Tests
Die Dämmwirkung der Tapeten wird von manchen Experten infrage gestellt. Arnold Drewer vom Institut für preisoptimierte energetische Gebäudemodernisierung (IpeG) kritisiert, dass die Materialstärke von drei bis acht Millimetern keine signifikante Wärmespeicherung ermögliche.
„Viele Hersteller versuchen, potenzielle Kunden mit vermeintlichen Tests zu überzeugen“, sagt Drewer. „Sie lassen die Leute ihre Hand auf eine Tapete und auf eine Glasplatte legen – die Tapete fühlt sich warm an, die Glasplatte kalt. Doch das liegt nicht an der Dämmleistung, sondern an den physikalischen Eigenschaften der Materialien.“
Schimmelrisiko bei unsachgemäßer Nutzung
Ein weiteres Problem könnte das Wohnklima sein. Während einige Anbieter angeben, ihre Tapeten seien dampfdurchlässig, warnen Fachleute vor der Gefahr von Schimmelbildung.
„Vor allem bei Tapeten mit Aluminiumbeschichtung wird die Feuchtigkeitsabgabe blockiert“, erklärt Corinna Merzyn, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Privater Bauherren.
Die fehlerhafte Verarbeitung von Isoliertapeten – wie Lücken oder Überlappungen – kann zu sogenannten Kältebrücken führen, an denen sich Feuchtigkeit sammelt und Schimmel bildet. „Eine Innendämmung erfordert höchste Präzision, sonst überwiegen die Risiken den Nutzen“, so Merzyn.
Lesen Sie auch:
Lohnt sich der Einsatz?
Bei aktuellen Gaspreisen könnten Mieter in unsanierten Wohnungen durch Isoliertapeten pro Quadratmeter Wandfläche etwa 2,10 Euro Heizkosten im Jahr sparen. Für Heimwerker, die die Tapeten selbst anbringen, würde sich die Investition nach drei bis vier Jahren amortisieren.
Doch bei sanierten Gebäuden oder gut isolierten Fassaden rechnet sich der Einsatz kaum.
„Die Kosten-Nutzen-Bilanz hängt stark vom energetischen Zustand des Gebäudes ab“, erklärt Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Eine individuelle Beratung ist unerlässlich, um Fehlinvestitionen zu vermeiden.“