Nach einer langen Durststrecke scheinen europäische Fintechs wieder Hoffnung zu schöpfen. Die Liste der Unternehmen, die sich auf einen Börsengang (IPO) vorbereiten, wächst.
Laut einer aktuellen Analyse der Investmentbank Drake Star könnten in den kommenden zwei Jahren bis zu 29 europäische Fintech-Unternehmen den Sprung an die Börse wagen.
Doch die wirtschaftliche Unsicherheit bleibt bestehen – und genau deshalb schauen viele Beobachter mit Spannung auf diese kommenden Börsengänge.
Eine lange Pause für IPOs
2021 war das Jahr der Tech- und Fintech-IPOs. Es schien, als wollten alle Technologieunternehmen gleichzeitig an die Börse. Doch dann kam der Sommer 2022 und der IPO-Markt brach fast komplett ein.
Seither gab es kaum nennenswerte Börsengänge – das britische Fintech Wise war im Jahr 2021 der letzte große europäische Vertreter, der den Schritt wagte. Seitdem hofften viele Unternehmen, dass sich die Märkte wieder öffnen würden, doch das hat sich bisher nicht bewahrheitet.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: die wirtschaftliche Unsicherheit, steigende Zinsen und eine allgemeine Zurückhaltung der Investoren, die nach den Turbulenzen der letzten Jahre vorsichtig geworden sind.
„Viele Unternehmen haben darauf gehofft, dass sich der Markt 2023 erholt“, erklärt Julian Ostertag, Managing Partner bei Drake Star. Doch der erhoffte Aufschwung blieb aus.
Warum jetzt wieder Bewegung in den Markt kommt
Trotz der anhaltenden Unsicherheit stehen nun viele Fintechs in den Startlöchern für ihren Börsengang. Ein Grund dafür ist die sogenannte „Exit-Flaute“ der letzten Jahre. Viele Investoren und Gründer warten auf eine Gelegenheit, ihr Kapital durch einen Verkauf oder IPO zurückzuholen.
Das hat zu einer Art Aufstau-Effekt geführt: Jetzt, wo sich die Kurse börsennotierter Fintechs wie Nubank und Paypal langsam erholen, wagen immer mehr Unternehmen den Blick auf den IPO-Markt.
Drake Star hat in ihrer Analyse mehrere prominente Namen aufgelistet, die in den kommenden Jahren den Gang an die Börse planen könnten. Dazu gehören Klarna, der schwedische Payment-Riese, der Neobroker Trade Republic und das dänische Fintech Pleo.
Diese Unternehmen sind längst keine Newcomer mehr, sondern fest in der europäischen Finanzlandschaft etabliert. Ihre Bewertungen summieren sich auf fast 300 Milliarden Euro – ein Zeichen dafür, wie wichtig die nächsten Börsengänge für den gesamten Markt sein werden.
Wer wagt den ersten Schritt?
Besonders spannend wird es zu beobachten, wer den ersten Schritt macht. Die Investmentbank Drake Star sieht Klarna als einen der am weitesten fortgeschrittenen Kandidaten. Doch ein Börsengang in Europa ist für Klarna offenbar nicht geplant – stattdessen liebäugelt das Unternehmen mit den USA, wo die Finanzmärkte oft aufgeschlossenere Bewertungen bieten.
Auch in Deutschland gibt es spannende Kandidaten. Die Geldanlage-Plattform Weltsparen könnte bereits im kommenden Jahr an die Börse gehen. Und dann ist da noch Trade Republic, der Berliner Neobroker, der sich in den letzten Jahren zu einem der führenden Anbieter in Europa entwickelt hat.
„Die ersten IPOs werden ein extrem wichtiges Signal“, so Ostertag.
Sie könnten den Markt auf lange Sicht prägen und zeigen, ob Investoren bereit sind, wieder in Fintechs zu investieren. Schließlich sind die Bewertungen dieser Unternehmen hoch, und ein erfolgreiches IPO könnte die Tür für weitere Börsengänge öffnen.
Die Unsicherheit bleibt
Trotz aller Vorbereitungen bleibt die Unsicherheit ein ständiger Begleiter. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind nach wie vor schwierig, und die Marktlage könnte sich jederzeit verschlechtern. Zudem stehen viele Investoren unter Druck, ihre bisherigen Beteiligungen rentabel zu machen.
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