Wenn der Körper nicht mehr mitmacht
Sie lassen sich impfen, weil es empfohlen wurde. Weil sie Verantwortung übernehmen wollten – für sich und andere. Dann wird ihnen schwindelig. Sie bekommen Herzrhythmusstörungen. Krämpfe. Schmerzen. Die Symptome bleiben. Wochenlang. Manchmal für immer.
In mehr als 14.000 Fällen haben Menschen in Deutschland versucht, ihre Beschwerden als Corona-Impfschaden anerkennen zu lassen. In weniger als 600 Fällen wurde das bislang auch getan. Die Hürden sind hoch, die Verfahren dauern lang. Viele erleben das System als abweisend.
Die Zahl: 573
Nach Recherchen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung haben deutsche Behörden bis Anfang April 2024 exakt 573 Impfschäden anerkannt. Und das bei über 192 Millionen verabreichten Impfdosen. Offiziell geimpft wurden 64,9 Millionen Menschen, viele mehrfach.
Das klingt zunächst nach einer verschwindend kleinen Quote. Doch hinter jeder Zahl steckt ein Mensch. Ein Schicksal. Und oft: ein zäher Kampf um Anerkennung.
Wie ein Impfschaden anerkannt wird
Das Verfahren läuft über die Versorgungsämter der Bundesländer. Anerkannt wird ein Schaden nur, wenn er „über das übliche Maß an Impfreaktionen hinausgeht“ – so steht es im Gesetz.

Dafür braucht es ein medizinisches Gutachten. Der Impfschaden muss wahrscheinlich sein – eine sehr hohe Hürde. Und: Es gibt keine einheitliche Definition, was überhaupt „wahrscheinlich“ ist.
Viele Ärzte sind zurückhaltend. Die Beweispflicht liegt beim Antragsteller. Und wer etwa Long-Covid-ähnliche Symptome hat, bekommt oft zu hören: Das könne alles Mögliche sein – Stress, Psyche, Zufall.
Widerspruch läuft – und zieht sich
Derzeit laufen bundesweit über 2.000 Widerspruchsverfahren. Viele davon seit Monaten, einige seit Jahren. Betroffene berichten von Frust, Hilflosigkeit – und fehlender Unterstützung. Denn in vielen Fällen müssen sie auch die Gutachten selbst organisieren, oder Vorleistungen bringen, die sie nicht stemmen können.
Für die wenigen, die durchkommen, gibt es im Erfolgsfall Leistungen wie Rentenansprüche, medizinische Reha oder Hilfsmittel. Doch selbst dann bleibt oft ein Gefühl zurück: zu spät, zu wenig, zu anstrengend.
Was der Staat anerkennt – und was nicht
Rechtlich gilt: Wer durch eine offiziell empfohlene Impfung gesundheitlich geschädigt wurde, hat Anspruch auf Unterstützung. Bei Corona-Impfungen war das der Fall – sie wurden von der Ständigen Impfkommission empfohlen und vom Staat organisiert.
Die Realität aber ist: Die Latte liegt hoch. Und viele erleben die Bearbeitung als zu intransparent. Eine öffentliche Debatte darüber, wie man mit den wenigen, aber betroffenen Fällen umgehen sollte, findet kaum statt.
Schweigen als Strategie?
Es gibt einen Grund, warum dieses Thema in der Öffentlichkeit kaum diskutiert wird: Es ist heikel. Wer Impfschäden thematisiert, gerät schnell in den Verdacht, Impfgegnern in die Hände zu spielen. Dabei ist das Gegenteil richtig: Wer offen über Nebenwirkungen spricht, stärkt am Ende das Vertrauen – nicht umgekehrt.
Es braucht beides: die Anerkennung der Wirksamkeit der Impfstoffe und den ehrlichen Umgang mit den wenigen Fällen, in denen etwas schiefging. Das hat nichts mit Alarmismus zu tun, sondern mit Verantwortung.
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