Fast zehn Jahre nach den Enthüllungen rund um den Dieselskandal steht der DAX-Konzern Continental erneut im Rampenlicht – diesmal mit der internen Aufarbeitung eigener Altlasten.
Der Aufsichtsrat des Automobilzulieferers prüft, ob ehemalige Vorstände wie Elmar Degenhart und Wolfgang Schäfer persönlich für millionenschwere Schäden zur Verantwortung gezogen werden können.
Es geht um viel Geld: Continental musste bereits ein Bußgeld von 100 Millionen Euro zahlen und sah sich mit weiteren Untersuchungskosten in ähnlicher Größenordnung konfrontiert.
Millionenstrafe und Pflichtverletzungen
Der Vorwurf gegen die Ex-Vorstände lautet auf schwerwiegende Pflichtverletzungen, die laut Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle von der Staatsanwaltschaft Hannover festgestellt wurden.
Diese hätten erheblich zur finanziellen Belastung des Unternehmens beigetragen. Besonders im Fokus: Wolfgang Schäfer, der 2021 nach Vorwürfen entlassen wurde, Informationen bewusst zurückgehalten zu haben. Doch der Fall ist nicht so klar, wie zunächst dargestellt.
Die Staatsanwaltschaft hat die Untreue-Ermittlungen mittlerweile eingestellt. Was bleibt, sind offene Fragen zur internen Untersuchung, die Continental 2015 bei der Kanzlei Noerr in Auftrag gegeben hatte.
Diese Untersuchung, so der Vorwurf des Unternehmens, war unzureichend – eine Einschätzung, die von der später beauftragten Kanzlei Skadden geteilt wird.
Der Streit um die E-Mail
Ein entscheidender Punkt in der Kontroverse ist eine E-Mail aus dem Jahr 2008. Darin soll es um die zwei Modi der manipulierten Dieselmotoren von Volkswagen gegangen sein, die unterschiedliche Emissionswerte erzeugten.
Während die Kanzlei Noerr damals keine Hinweise auf Fehlverhalten fand, sehen die späteren Ermittler hier eine Pflichtverletzung. Besonders pikant: Weder Schäfer noch andere Vorstände informierten den Aufsichtsrat damals über diesen Fund.
„Die Untersuchung von 2016 war mangelhaft“, heißt es heute aus dem Unternehmen.
Damals wurden nur sechs Terabyte Daten geprüft und 20 Interviews geführt – gemessen an der Dimension des Falls wenig. Dennoch hatte der Aufsichtsrat um Reitzle damals keinerlei Zweifel an der Qualität der Analyse.
Entlassung aus politischem Kalkül?
Die Entlassung Schäfers, damals initiiert vom Aufsichtsratschef, wird heute von Insidern als übereilte Reaktion auf politischen Druck gewertet. „Es wirkte wie ein Gefallen an die Ermittler“, sagt eine ehemalige Führungskraft.
Tatsächlich hielt Reitzle an der Konspirationsthese der Staatsanwaltschaft fest, obwohl diese mittlerweile widerlegt wurde.
Hoffnung auf die Versicherung
Während sich ehemalige Vorstände mit beschädigtem Ruf konfrontiert sehen, hofft Continental, zumindest finanzielle Entlastung zu erhalten.
Wenn die Pflichtverletzungen nachgewiesen werden, könnten Auszahlungen aus der Manager-Haftpflichtversicherung möglich werden – ein Detail, das bei vorsätzlichem Fehlverhalten ausgeschlossen wäre.
Doch der Weg dahin ist unklar. Aus Sicht der Ex-Vorstände bleibt der Vorwurf der Pflichtverletzung umstritten. Der juristische Streit dürfte sich über Jahre hinziehen, während Continental weiterhin unter den finanziellen Altlasten des Skandals leidet.
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