Ein Feindbild aus Notwendigkeit
Noch vor wenigen Jahren war Christian Lindner der „Posterboy“ der deutschen Politik: eloquent, schlagfertig, ein brillanter Selbstdarsteller. Heute präsentiert er sich als „Albtraum des links-grünen Mainstreams“ – eine Inszenierung, die ebenso verzweifelt wie kalkuliert wirkt.
Auf Wahlkampfveranstaltungen betont Lindner immer wieder, wie sehr er von der politischen Linken gehasst wird – als wäre diese Gegnerschaft ein Gütesiegel, das ihm im bürgerlich-konservativen Lager noch Wählerstimmen retten könnte. Doch während Antifa, Grüne Jugend und Linkspartei ihn öffentlich angreifen, bleibt die Zustimmung im eigenen Lager aus.
Der tiefe Fall einer einstigen Erfolgsstory
Dabei begann Lindners Karriere vielversprechend: 2017 führte er die FDP nach vier Jahren Abwesenheit zurück in den Bundestag – und wurde gefeiert. Sein Nein zur Jamaika-Koalition mit Union und Grünen galt als mutig, sein Slogan „Besser nicht regieren als falsch regieren“ wurde zum geflügelten Wort.
Doch 2021 folgte der Schwenk in die Ampel-Koalition mit SPD und Grünen – ein Bündnis, das für viele FDP-Wähler wie ein Verrat wirkte. Unter Lindners Führung trug die FDP drei Jahre lang eine linksliberale Agenda mit, die in der Wirtschaftspolitik, beim Klimaschutz und bei der Migrationspolitik für Unmut sorgte.
Der späte Bruch mit der Ampel – zu spät?
Erst im November 2024 zog Lindner die Reißleine und beendete die Koalition – für viele längst überfällig. Während er sich selbst als „Bollwerk gegen linke Ideologie“ inszeniert, bleibt die Frage: Warum so spät?
Weder die umstrittene Corona-Politik, die unter der Ampel den Höhepunkt erreichte, noch die wirtschaftlichen Fesseln für den Mittelstand brachten ihn zum Umdenken. Erst als die Umfragen ins Bodenlose stürzten, wagte er den Bruch – doch da war der Schaden längst angerichtet.
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Zwischen Taktieren und Zögern – ein Kurs ohne Kompass
Lindners größte Schwäche ist sein Schlingerkurs. Jüngstes Beispiel: die Migrationspolitik. Zunächst signalisierte die FDP Zustimmung zu den härteren Maßnahmen der CDU unter Friedrich Merz. Doch als Gegenwind von Medien und Teilen der eigenen Partei kam, versuchte man, die Entscheidung hinauszuzögern.
Am Ende stimmte Lindner zwar zu – kritisierte Merz aber gleichzeitig für dessen Vorgehen. Der Eindruck: Ein Parteichef ohne klare Linie, der es allen recht machen will und dabei alle verliert.
Lindners Dilemma: Dazugehören um jeden Preis
In seiner aktuellen Rolle als Feindbild der Linken wirkt Lindner nicht überzeugend. Vielleicht, weil der dringende Wunsch, Teil des politischen Establishments zu bleiben, durchscheint. Wer sich selbst als „Albtraum des Mainstreams“ bezeichnet, aber insgeheim dazugehören möchte, verliert an Glaubwürdigkeit.
Für die FDP könnte dieser innere Konflikt fatale Folgen haben: Bleibt sie unter fünf Prozent, verschwindet sie nicht nur aus dem Bundestag, sondern auch aus der Wahrnehmung. Dann wird Lindner weder gehasst noch geliebt – sondern schlicht vergessen.
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