China sieht sich in diesem Jahr mit einem Anstieg der Stahlexporte auf ein Achtjahreshoch konfrontiert, was bei anderen stahlproduzierenden Ländern und Unternehmen Besorgnis auslöst. Während die steigenden Exporte auf eine rückläufige Inlandnachfrage hinweisen, gibt es auch andere zugrunde liegende Probleme, mit denen Chinas politische Entscheidungsträger seit langem ringen.
Ein zentrales Problem ist die Überkapazität und die daraus resultierende Rentabilität der Unternehmen. Chinas riesige Stahlkapazität, die mehr als die Hälfte der weltweiten Produktionskapazität ausmacht, ist von 1.146 Milliarden Tonnen im Jahr 2021 auf 1.173 Milliarden Tonnen im Jahr 2023 gestiegen. Da die Nachfrage nicht im gleichen Maße zugenommen hat, sank die Auslastung der Stahlkapazitäten von 90,1 Prozent im Jahr 2021 auf 86,9 Prozent im Jahr 2023, was sich negativ auf die Rentabilität der Stahlunternehmen auswirkte. Diese bezeichnen die aktuelle Krise als die bislang schwerste.
Ein weiteres wesentliches Thema ist die Dekarbonisierung. Die Stahlproduktion ist sehr kohlenstoffintensiv und trägt zu 15 Prozent zu Chinas CO2-Emissionen bei. Dies stellt eine erhebliche Herausforderung für Chinas Ziele dar, die CO2-Emissionen bis 2030 zu senken und bis 2060 klimaneutral zu werden. Obwohl die Umstellung von kohlebasierten Hochöfen (BF-BOF) auf Elektrolichtbogenöfen (EAF) der direkte Weg zur Reduzierung der Emissionen ist, liegt Chinas Kapazität im Bereich EAF derzeit nur bei rund 10 Prozent – weit unter dem Zielwert von 15 Prozent für das nächste Jahr.
Angesichts dieser beiden Trends bietet die aktuelle Pause des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) bei der Genehmigung neuer Stahlkapazitäten eine Chance. Dies ermöglicht es den Politikern, neue Strategien auszuarbeiten, um Chinas Potenzial als führendes Land in der Produktion von kohlenstoffarmem Stahl zu verwirklichen, insbesondere durch die Nutzung seiner enormen Erneuerbaren-Energien-Ressourcen und seiner führenden Position in der Wasserstoffelektrolysetechnik.
Das MIIT sollte daher seine Aufsichtsmechanismen besser darlegen, um das wachsende Problem der Überkapazität anzugehen. Zudem müsste China seine Bemühungen verstärken, den Einsatz von EAF-Technologie zu erhöhen und in wasserstoffbasiertes, direkt reduziertes Eisen (H2-DRI) zu investieren.
Ferner sollte China das Wachstum der BF-BOF-Stahlkapazitäten streng kontrollieren, insbesondere bei der Sanierung solcher Anlagen. Zusätzlich könnte eine kontinuierliche Förderung von energieeffizienten Methoden, Ressourcenkreisläufen und Kurzverfahren mithilfe von Schrottmaterialien China erheblich dabei unterstützen, die Klimaziele zu erreichen und die steigende Nachfrage nach grünem Stahl zu bedienen.