Chinas wirtschaftlicher Einfluss in Europa wächst – doch die Strategie hat sich geändert. Anstatt westliche Unternehmen zu kaufen, wie es früher der Fall war, setzen chinesische Firmen zunehmend auf den Bau eigener Fabriken.
Der Grund dafür? Neue Zölle und Handelshürden, die den direkten Zugang zum europäischen Markt erschweren. Präsident Xi Jinping und seine Regierung haben erkannt, dass es sinnvoller ist, Produktionsstätten direkt vor Ort zu errichten, um den Weg in den Westen offenzuhalten.
Ein Beispiel dafür ist der geplante Einstieg des chinesischen Autobauers Chery in Spanien. Die Wiederbelebung eines stillgelegten Nissan-Werks in Barcelona könnte bis zu 1000 Arbeitsplätze schaffen.
Für den spanischen Premierminister Pedro Sanchez ein dringend benötigter Erfolg. Beim Besuch in China betonte er, dass Europa die Strafzölle auf chinesische Elektroautos überdenken müsse. Chinas Reaktion folgte prompt: Chery kündigte an, die Investitionen in Spanien weiter auszubauen.
Vom Know-how-Kauf zur eigenen Produktion
Früher verfolgten chinesische Unternehmen eine andere Strategie: Durch Übernahmen westlicher Firmen gelangten sie an Know-how, Marken und Technologie. Man denke nur an den Roboterhersteller Kuka in Deutschland oder den Ferienanbieter Club Med in Frankreich.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Seit westliche Länder Übernahmen aus China zunehmend blockieren und Handelsbarrieren hochziehen, hat sich Chinas Vorgehen gewandelt. Heute setzt man auf eigene Werke, sogenannte „Greenfield-Investitionen“.
Diese Investitionen sind nicht nur ein wirtschaftlicher Schachzug, sondern auch ein politischer. In Ländern wie Ungarn und Serbien, deren Regierungen enge Beziehungen zu China pflegen, fließt das chinesische Kapital besonders kräftig.
Zwischen 2021 und 2023 zogen diese Länder die meisten chinesischen Direktinvestitionen in Europa an. Chinesische Unternehmen wie BYD, der größte Hersteller von Elektroautos weltweit, bauen bereits Fabriken in Szeged und wollen in Pécs Mittelklasse-Elektroautos für den europäischen Markt herstellen.
Auch in der Batterieproduktion ist Ungarn ein zentraler Knotenpunkt. Der chinesische Batteriehersteller CATL errichtet in Debrecen eine gigantische Fabrik auf 221 Hektar Land.
Die politische Dimension von Investitionen
Die Entscheidung, Fabriken in Europa zu bauen, ist nicht nur eine Antwort auf wirtschaftliche Hürden. Sie ist auch eine politische Taktik, um das Wohlwollen der örtlichen Regierungen zu sichern.
Länder wie Ungarn, die politisch zwischen Ost und West lavieren, profitieren besonders von den chinesischen Investitionen. Premierminister Viktor Orbán hat es geschafft, Ungarn zum zweitgrößten Standort für E-Auto-Batterien weltweit zu machen – direkt hinter China. Diese „Verbindungsländer“, wie sie der Internationale Währungsfonds nennt, agieren als Brücken zwischen China und dem Westen.
Auch Serbien profitiert von dieser Strategie. Während in Ungarn die Autoindustrie im Fokus steht, fließt chinesisches Kapital in Serbien vor allem in den Rohstoffsektor. Das zeigt, dass China nicht nur industrielle Interessen verfolgt, sondern sich auch auf die Sicherung wichtiger Ressourcen konzentriert.
Es ist eine Strategie, die langfristig angelegt ist: Chinesische Unternehmen wollen ihre Position in Europa sichern, indem sie lokal produzieren und damit nicht nur Zölle umgehen, sondern auch engere politische Verbindungen schaffen.
Was bedeutet das für Europa?
Die neuen Investitionen sind Teil einer größeren globalen Entwicklung. China setzt nicht mehr auf den direkten Kauf von Technologie und Know-how, sondern auf eigene Produktionskapazitäten im Ausland.
Besonders auffällig ist, dass diese Investitionen in Ländern erfolgen, die sich politisch nicht eindeutig auf die Seite des Westens oder der USA stellen. Ungarn, Serbien, aber auch Länder wie Mexiko und Vietnam sind bevorzugte Ziele. Diese Staaten profitieren davon, Brücken zwischen China und den USA zu schlagen.
In Europa bleibt allerdings die Frage, wie sich diese wachsende chinesische Präsenz auf den politischen Kurs der EU auswirkt. Besonders kritisch wird die Situation in Ländern wie Italien beobachtet, dessen Regierung ebenfalls auf chinesische Investitionen in die heimische Autoindustrie setzt. Die Abhängigkeit von chinesischem Kapital könnte die EU in ihrer Handels- und Zollpolitik beeinflussen.
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