China hat entgegen den Erwartungen seine Benchmark-Kreditraten in der monatlichen Festlegung am Freitag unverändert gelassen, obwohl die US-Notenbank Anfang dieser Woche eine starke Zinssenkung durchgeführt hatte. Die Entscheidung sorgte für Verwunderung, da viele Marktanalysten mit einer Anpassung gerechnet hatten.
Trotzdem gehen viele Marktbeobachter davon aus, dass weitere konjunkturelle Maßnahmen ergriffen werden, um die angeschlagene Wirtschaft zu stützen. Die Zinssenkung der Fed bietet Peking Spielraum, die Geldpolitik zu lockern, ohne den Yuan übermäßig zu belasten.
Die einjährige Kreditprime-Rate (LPR) blieb unverändert bei 3,35%, während die fünfjährige LPR bei 3,85% gehalten wurde. In einer Umfrage von Reuters unter 39 Marktteilnehmern in dieser Woche hatten 27 Befragte, das entspricht 69%, erwartet, dass beide Zinssätze gesenkt würden.
Xing Zhaopeng, leitender China-Analyst bei ANZ, erklärte: "Die Zinssenkung wird wahrscheinlich in ein größeres Maßnahmenpaket eingebunden, das derzeit von hochrangigen Beamten geprüft wird. Aktuelle Wirtschaftsdaten und Erwartungen unterstützen eine Zinssenkung." Eine Reduktion der bestehenden Hypothekendarlehensraten erfordere ebenfalls eine weitere Senkung der fünfjährigen LPR, welche im vierten Quartal zu einem erheblichen Rückgang führen könnte.
Eine Reihe von Wirtschaftsdaten für August, darunter Kreditausleihungen und Aktivitätsindikatoren, fielen enttäuschend aus und erhöhen den Druck, mehr Stimulusmaßnahmen zu ergreifen, um die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt zu stützen. Analysten und politische Berater erwarten, dass chinesische Entscheidungsträger Maßnahmen verstärken werden, um zumindest das Wachstumsziel für 2024 zu erreichen.
Schwächelnde wirtschaftliche Aktivitäten in China haben globale Brokerhäuser veranlasst, ihre Wachstumsprognosen für China im Jahr 2024 auf unter das offizielle Ziel von etwa 5% zu senken. Präsident Xi Jinping rief letzte Woche die Behörden dazu auf, die wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsziele des Landes zu erfüllen.
Analysten der Commerzbank kommentierten: "Es ist gut möglich, dass die People's Bank of China (PBOC) bald die Zinssätze senkt und Banken die LPRs senken werden. Die schwache Wachstumsdynamik erfordert eine Lockerung der Geldpolitik, und die Zinssenkungen der Fed verschaffen der PBOC den nötigen Spielraum."
Die Abweichung der Geldpolitik von anderen großen Volkswirtschaften, insbesondere den Vereinigten Staaten, und ein schwächerer Yuan waren bisher die Hauptfaktoren, die Pekings Bemühungen zur Lockerung der Politik in den letzten zwei Jahren eingeschränkt hatten. Doch die 50-Basispunkte-Zinssenkung der US-Zentralbank am Mittwoch, die eine erwartete Serie von Zinssenkungen einläutete, hat einige von Chinas politischen Hebeln freigesetzt.
Die meisten neuen und ausstehenden Kredite in China basieren auf der einjährigen LPR, während der fünfjährige Zinssatz die Preisgestaltung von Hypotheken beeinflusst.