Es ist eine Tat, die fassungslos macht. Ein 13-jähriger Junge stößt in Stuttgart einen Zwölfjährigen vor eine einfahrende Bahn – das Opfer stirbt. Der Täter?
Strafrechtlich nicht zu belangen. Er ist zu jung. Doch für CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ist genau das das Problem.
„Die Schweiz hat die Strafmündigkeitsgrenze bereits gesenkt. Warum sollte Deutschland das nicht tun?“, erklärte er gegenüber der Welt.
Seine Forderung: Die Grenze soll von 14 auf 12 Jahre herabgesetzt werden.
Jugendkriminalität nimmt zu – Justizministerin fordert Konsequenzen
Linnemann steht mit seiner Forderung nicht allein da. Auch Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges (CDU) sieht Handlungsbedarf. „Wir müssen überlegen, ob schon für jüngere Menschen eine qualifizierte staatliche Ansprache möglich ist – auch gegen den Willen der Eltern“, erklärte sie.
Die Zahlen geben ihr Argumenten Auftrieb: In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Tatverdächtigen unter 14 Jahren in Deutschland deutlich erhöht. Besonders alarmierend sei die Entwicklung bei schweren Gewaltverbrechen, so Gentges. „Es wäre naiv zu glauben, dass ein zehn- oder zwölfjähriges Kind mit dem 14. Geburtstag plötzlich sein Verhalten ändert.“
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Die rechtliche Grauzone: Zwischen Kinderschutz und Sicherheit
In Deutschland liegt die Strafmündigkeitsgrenze seit 1923 bei 14 Jahren – eine der höchsten in Europa. In der Schweiz sind Kinder ab 10 Jahren strafmündig, in England und Wales bereits ab 10, in Frankreich ab 13. Kritiker argumentieren, dass das deutsche Modell nicht mehr zeitgemäß sei, weil es nicht auf die steigende Gewaltkriminalität junger Täter reagiere.
Doch eine einfache Herabsetzung der Strafmündigkeit würde neue Fragen aufwerfen. Was geschieht mit 12-jährigen Straftätern? Sollen sie tatsächlich in Jugendgefängnissen landen? Oder braucht es spezielle Einrichtungen und Programme, die sowohl Strafe als auch Resozialisierung ermöglichen?
Experten warnen: Strafe allein verhindert keine Taten
Kriminologen mahnen zur Vorsicht. Sie argumentieren, dass härtere Strafen für jüngere Täter das Problem nicht lösen, sondern im Zweifel verschärfen. „Wer Kinder ins Gefängnis steckt, produziert oft nur kriminellere Erwachsene“, sagt der Kriminologe Christian Pfeiffer. Stattdessen brauche es eine Reform des Jugendhilfesystems, das auffällige Kinder früher erfasst und gezielt betreut.