Der türkische Journalist Can Dündar hat den bevorstehenden Deutschland-Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan scharf kritisiert. Er äußerte, dass das Gespräch zwischen Erdogan und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Berliner Kanzleramt aufgrund von Erdogans Äußerungen zur islamistischen Hamas und Israel verschoben hätte werden müssen. Dündar gibt der Bundesregierung die Schuld, nach den Regeln des türkischen Präsidenten zu spielen und sich vor ihm zu verbeugen. Er bezeichnet Erdogan als Hamas-Unterstützer und als jemanden, der Israel als Terrorismusstaat bezeichnet.
Trotz der Vorwürfe hält Scholz an seiner Einladung an Erdogan fest und weist die Absurdität der Vorwürfe zurück. Er argumentiert damit, dass es viele wichtige Themen für das Gespräch gibt, unter anderem die Wiederbelebung des Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei. Dündar hingegen behauptet, dass Deutschland Erdogan nicht verärgern möchte, weil sie ihn brauchen.
Der Journalist kritisiert die Doppelmoral Deutschlands, da Demonstrationen zur Unterstützung der Hamas verboten seien, aber gleichzeitig ein Hamas-Anhänger wie Erdogan eingeladen und mit einem roten Teppich empfangen werde. Dündar wirft der Bundesregierung vor, ihre Ideale für aktuelle Interessen zu opfern und betont, dass man klar definieren sollte, was man von einem Autokraten akzeptieren kann und was nicht.
Can Dündar bewertet Erdogan als Experten darin, Krisen zu nutzen und sie in Chancen zu verwandeln. Er vergleicht dies mit den Geschehnissen während der Flüchtlingskrise, der Ukraine-Krise sowie dem Streit um den Nato-Beitritt von Schweden und Finnland. Er schlussfolgert, dass Erdogan auch die Krise um Israel für sich nutzen möchte und dass dies geschehen wird, wenn er nicht aufgehalten wird.
Dündar wurde in der Türkei mehrfach angeklagt und zu insgesamt 27 Jahren Haft verurteilt. Seit 2016 lebt er im Exil in Deutschland. Bereits während Erdogans Staatsbesuch in Deutschland im Jahr 2018 gab es eine Diskussion über Dündars Akkreditierung für die gemeinsame Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Erdogan. Dündar entschied sich letztendlich gegen seine Teilnahme, um die Pressekonferenz nicht zu gefährden. Dieses Mal hat er gar keine Akkreditierung für den Besuch beantragt.