Ein System unter Druck
Deutschland ist seit Jahrzehnten Ziel für Migration – sowohl regulär als auch irregulär. Doch neue Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) werfen ein Schlaglicht auf die Folgen dieser Entwicklung: Im Oktober 2024 hatten 63,5 Prozent der Bürgergeld-Bezieher in Deutschland einen Migrationshintergrund.
Diese Zahl verdeutlicht die Verknüpfung von Migration und sozialen Leistungen und sorgt für hitzige Debatten.
Von den insgesamt vier Millionen erwerbsfähigen Bürgergeld-Beziehern hatten etwa 2,54 Millionen einen Migrationshintergrund, darunter 2,04 Millionen Menschen mit eigener Migrationserfahrung.
Weitere 1,88 Millionen sind Ausländer ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Die Diskussion über die Integrationsfähigkeit und Belastbarkeit des Sozialsystems wird dadurch intensiver.
Fluchtmigration prägt den Anstieg
Ein besonderer Faktor ist der Zustrom ukrainischer Flüchtlinge. Seit Beginn des Krieges im Jahr 2022 haben rund 500.000 Ukrainer Bürgergeld beantragt. Während zu Beginn des Jahres 2023 erst 130.000 von ihnen sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, ist diese Zahl bis heute auf 213.000 gestiegen.
Dennoch arbeiten 75 Prozent der Ukrainer in einfachen Tätigkeiten, die keine formale Qualifikation erfordern, etwa in der Gastronomie oder Leiharbeit.
Im Gegensatz zu anderen Schutzsuchenden, die erst nach einem oft monatelangen Asylverfahren Leistungen beziehen, erhalten Ukrainer mit Schutztitel sofort Bürgergeld.
Für viele bedeutet das einen schnellen Zugan zu finanzieller Unterstützung, allerdings auch die Gefahr, in dauerhafte Abhängigkeit vom Sozialsystem zu geraten.
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Historische Entwicklung und neue Herausforderungen
Schon vor der jüngsten Migrationswelle war der Anteil von Migranten unter Sozialleistungsbeziehern hoch. Im Jahr 2013 lag er bei 43 Prozent, obwohl nur 20 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund hatten.
Bis 2021 stieg der Anteil der Leistungsbezieher mit Migrationshintergrund auf 56 Prozent – ein Trend, der sich seitdem weiter fortsetzt.
Gleichzeitig hat sich die Zusammensetzung der Zuwanderer verändert. Neben Arbeitsmigranten aus der EU, insbesondere aus Osteuropa, sind es vor allem Schutzsuchende aus Asien, Afrika und der Ukraine, die das Sozialsystem in Anspruch nehmen.
Für die deutsche Politik stellt sich die Frage, wie Integration gelingen kann, ohne die Stabilität des Sozialsystems zu gefährden.
Politischer Handlungsbedarf
Für Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der CDU, ist die hohe Zahl von Migranten im Bürgergeld-Bezug ein Zeichen für Reformbedarf. Er fordert, Fehlanreize im Sozialsystem abzubauen und die Fluchtmigration drastisch zu begrenzen. Gleichzeitig müsse die Arbeitsaufnahme stärker gefördert werden.
Doch nicht alle teilen Throms Meinung. Befürworter einer offenen Migrationspolitik sehen in den Zahlen vor allem die Notwendigkeit, Integrationsmaßnahmen zu verbessern und die berufliche Qualifikation der Migranten zu stärken.
Sie argumentieren, dass viele der neuen Bürgergeld-Bezieher in den Arbeitsmarkt integriert werden können, wenn die richtigen Programme aufgelegt werden.
Bürgergeld zwischen Unterstützung und Anreiz
Das Bürgergeld wurde eingeführt, um soziale Härten abzufedern, gleichzeitig aber auch Anreize zur Arbeitsaufnahme zu setzen. Die Realität zeigt jedoch, dass gerade in Gruppen mit Migrationshintergrund der Schritt von der Abhängigkeit in die Eigenständigkeit oft schwerfällt. Gründe dafür sind Sprachbarrieren, fehlende berufliche Qualifikationen und kulturelle Unterschiede.
Eine gespaltene Debatte
Die Zahlen der BA liefern keine einfachen Antworten, sondern werfen komplexe Fragen auf: Wie viel Migration kann das deutsche Sozialsystem tragen? Welche Reformen sind nötig, um eine bessere Integration zu ermöglichen? Und wie lässt sich verhindern, dass Bürgergeld-Bezug zur Dauereinrichtung wird?