Nach den jüngsten Bemühungen, eine neue Fraktion im Europaparlament zu gründen, müssen die Abgeordneten des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) vorerst ohne Fraktionszugehörigkeit arbeiten. In den vergangenen Wochen suchte die Partei intensiv nach Unterstützern, unter anderem in Kooperation mit der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung. Laut Fabio De Masi, Spitzenkandidat der Partei für die Europawahl, sei man einer neuen politischen Formation sehr nahegekommen; zwanzig Abgeordnete aus sechs Ländern hatten ihr Interesse bekundet. Jedoch fehlte letztlich in letzter Minute die erforderliche Bereitschaft, die neue Fraktion in der kurzen Zeit zu etablieren.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht hatte bei der Europawahl Anfang Juni beachtliche 6,2 Prozent der Stimmen erhalten, was ihnen sechs Sitze einbrachte. Zur Bildung einer Fraktion im Europaparlament sind jedoch mindestens 23 Abgeordnete erforderlich, die aus mindestens einem Viertel der EU-Länder stammen müssen. Zudem darf jedes Mitglied nur einer Fraktion angehören. Laut den Parlamentsregeln müssen sich neue Fraktionen bis zum 16. Juli konstituieren, um in der kommenden Wahlperiode anerkannt zu werden.
Obwohl BSW vorerst ohne Fraktion bleibt, betonte De Masi, dass die kommenden Jahre in Brüssel genutzt werden sollen, um ihre politischen Schwerpunkte voranzutreiben. Eine enge Zusammenarbeit mit anderen kritischen, demokratischen Parteien sei geplant, um eine sogenannte Schatten-Fraktion zu bilden. De Masi zeigt sich zuversichtlich, dass sie in naher Zukunft den Grundstein für eine eigene Fraktion legen könnten, da die Möglichkeit besteht, Fraktionen auch während der laufenden Legislaturperiode zu konstituieren.
In der Zwischenzeit strebt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine zweite Amtszeit an. Um weitere fünf Jahre im Amt zu bleiben, muss sie in den kommenden Wochen eine Mehrheit der Abgeordneten im neuen EU-Parlament hinter sich bringen.