Der Haushaltsausschuss des Bundestags legt letzte Hand an den Etat für das kommende Jahr. Finanzminister Christian Lindner hatte den Entwurf aufgestellt, musste jedoch aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts eine Finanzierungslücke von 60 Milliarden Euro für Klimaprojekte hinnehmen. Die Vorhaben aus dem Klima- und Transformationsfonds werden daher vorerst gestoppt, mit Ausnahme der Förderung für den Austausch alter Öl- und Gasheizungen sowie der Mittel für klimafreundliche Gebäude. Die Bundesregierung kündigte an, einen neuen Wirtschaftsplan für den Sonderfonds zu erarbeiten. Der reguläre Etat der Bundesministerien für das Jahr 2024 bleibt von dem Urteil unberührt und soll wie geplant beschlossen werden.
In der Bereinigungssitzung werden erfahrungsgemäß weitere Änderungen vorgenommen. Die Sitzung dauert daher oft bis spät in die Nacht oder sogar bis zum nächsten Morgen. Der Bundestag plant, den Haushaltsentwurf in der Sitzungswoche vom 27. November bis 1. Dezember endgültig zu beschließen.
Es steht bereits fest, dass Lindners erster Entwurf nicht in dieser Form bestehen bleiben kann. Nach Vorlage des Regierungsentwurfs werden über Monate hinweg politische Entscheidungen getroffen. Im aktuellen Fall betrifft dies beispielsweise die Entlastung von Unternehmen angesichts hoher Strompreise. Das Finanzministerium hat daher bereits eine Bereinigungsvorlage an den Ausschuss geschickt. Diese umfasst unter anderem die geplante Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe, die von der Ampel-Koalition verkündet wurde. Zudem plant Lindner eine Verdopplung der Militärhilfe für die Ukraine. Statt der ursprünglich veranschlagten vier Milliarden Euro sollen nun acht Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Diese Mittel dienen sowohl der Unterstützung der Ukraine als auch der Wiederbeschaffung von Bundeswehr-Material, das an das von Russland angegriffene Land übergeben wurde.
Es bleibt noch offen, ob die Haushälter erneut Unterstützung für die zivile Seenotrettung im Mittelmeer bewilligen oder die Mehrwertsteuer für die Gastronomie dauerhaft senken werden. Eine Entscheidung über eine Aufstockung der Aktienrente ist ebenfalls noch nicht gefallen.
Lindner plant mit seinem Etat für das Jahr 2024 die Einhaltung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse. An diesem Grundsatz werden die Haushälter voraussichtlich nicht rütteln. Es haben sich jedoch einige Spielräume eröffnet: Die jüngste Steuerschätzung ergab zusätzliche 2,3 Milliarden Euro, zudem darf der Bund aufgrund der schwachen Konjunktur etwas mehr Schulden machen als bisher geplant. In seinem ersten Entwurf hatte Lindner Ausgaben von 445,7 Milliarden Euro vorgesehen.
Nach dem Karlsruher Urteil hat die Unionsfraktion einen Stopp des laufenden Etatverfahrens für das kommende Jahr gefordert. Am Donnerstagnachmittag wird sich der Bundestag auf Antrag der Union in einer Aktuellen Stunde mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts befassen.
Das Urteil führte zu Forderungen nach einer Lockerung der Schuldenbremse, unter anderem von den Gewerkschaften. Martin Schirdewan, Parteichef der Linken, plädierte sogar für deren Abschaffung. Er bezeichnete die Schuldenbremse als Investitionsbremse, die zukunftsweisende Investitionen verhindere. Da jedoch Bundeskanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner daran festhalten und die Grünen ihre Vorhaben nicht umsetzen könnten, sehe er das Regierungsbündnis in dieser Zusammensetzung nicht mehr lange bestehen, so Schirdewan.
Serpil Midyatli, stellvertretende Vorsitzende der SPD, äußerte sich gegenüber der "Bild"-Zeitung bereit, grundsätzliche Verteilungsfragen neu zu diskutieren, um die Einnahmeseite zu verbessern. Konkret nannte sie die Erhöhung von Vermögens- und Erbschaftssteuern.