Bundesbank-Präsident Joachim Nagel plädiert angesichts der anhaltend schwachen Wirtschaftslage in Deutschland für eine Anpassung des Renteneintrittsalters. Mit Blick auf den immer drängender werdenden Fachkräftemangel fordert er die Politik auf, die Anreize für einen vorzeitigen Rentenbeginn zu reduzieren und ab 2031 schrittweise ein höheres Rentenalter zu erwägen. Dabei solle das Rentenalter an die steigende Lebenserwartung gekoppelt werden, um einen Teil der zusätzlichen Lebensjahre in Arbeit investieren zu können. Nagel untermauerte seine Argumente mit einem anschaulichen Vergleich: Während ein Mann, der 1974 mit 65 Jahren in den Ruhestand ging, durchschnittlich noch fast zwölf Jahre zu leben hatte, genießt jemand, der heute mit 66 in Rente geht, voraussichtlich noch fast 17 Jahre bei besserer Gesundheit. Sollte die Lebenserwartung weiter steigen, sei es nur gerechtfertigt, einen Teil dieser Zeit weiterhin berufstätig zu sein. Neben den konjunkturellen Herausforderungen Deutschlands sieht Nagel strukturelle Probleme, verursacht durch steigende Energiepreise, den demografischen Wandel und die zunehmende globale Abschottung. Um diesen strukturellen Hürden zu begegnen, schlägt Nagel ein Maßnahmenpaket vor. Menschen, die durch familiäre Verpflichtungen nur eingeschränkt arbeiten können, sollten durch bessere Betreuungsangebote mehr Arbeit ermöglichen. Deutschland müsse zudem attraktiver für ausländische Fachkräfte werden. Ein weiterer wichtiger Punkt auf Nagels Agenda ist der Abbau bürokratischer Hürden, insbesondere schnellere Genehmigungsverfahren. Unternehmen und Haushalte bräuchten mehr Planungssicherheit in der Energiepolitik. Auf EU-Ebene fordert Nagel ein schnelleres Zusammenwachsen der Kapitalmärkte, um den Firmen den Zugang zu Kapital zu erleichtern.