Die britische Kfz-Finanzierungsbranche gerät unter Druck, da Unternehmen Notmaßnahmen ergreifen, um die Folgen eines richtungsweisenden Urteils zu mildern, das Entschädigungs- und Anwaltskosten in Höhe von zig Milliarden Pfund nach sich ziehen könnte. Ende letzten Monats erklärte das Berufungsgericht, dass es unzulässig sei, dass Autohändler Provisionen von Kfz-Finanzierern erhalten, es sei denn, diese Zahlungen werden ordnungsgemäß offengelegt und die Zustimmung des Kunden liegt vor.
Daraufhin setzte der FTSE 250-Kreditgeber Close Brothers, der am stärksten in Kfz-Kredite investiert ist, alle Kfz-Finanzierungen aus. Die Lloyds Banking Group, zu der auch Black Horse, der größte Kfz-Finanzierer Großbritanniens, gehört, hat die Provisionszahlungen für neue Kfz-Darlehen eingestellt.
Gleichzeitig stellten die Finanzsparten von BMW und Honda letzte Woche kurzfristig die Vergabe neuer Autokredite ein, während die Branche in dringenden Gesprächen mit dem Schatzamt und der Financial Conduct Authority versuchte, eine Lösung zu finden. Der Verkauf der Kredite wurde mittlerweile wieder aufgenommen, allerdings erst, nachdem Händler von Marken wie Nissan und Ford Maßnahmen ergriffen hatten, um die im Urteil festgelegten Anforderungen zu erfüllen. Dazu gehört die Offenlegung der von den Finanzierern gezahlten Provisionen und deren Berechnungsgrundlagen.
Ein Sprecher von Volkswagen Finanzdienstleistungen in Großbritannien versicherte: "Wir haben Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass Kunden rechtzeitig vor Vertragsabschluss einen klaren Überblick über die mit ihren Finanzierungsvereinbarungen verbundenen Provisionen haben." Einige Kfz-Finanzdienstleister haben automatisierte Systeme durch manuelle papierbasierte Prozesse ersetzt, wobei Kunden unterschreiben müssen, um anzuzeigen, dass sie eine vollständig informierte Zustimmung zur Provisionszahlung gegeben haben.
Rechtsanwälte erklärten, dass das Urteil wahrscheinlich breitere Auswirkungen habe und auch andere Verbraucherfinanzmärkte mit verdeckten Provisionen betreffe. So setzte die Metro Bank letzte Woche die Abwicklung einiger Vermögensfinanzierungsgeschäfte aus, bei denen Provisionen anfallen. Analysten erwarten zudem Auswirkungen auf die Versicherungspremienfinanzierung.
Das Urteil weckt Erinnerungen an den PPI-Skandal, bei dem weit verbreitete Fehlverkäufe von Zahlungsausfallschutzbedeckungen für Kreditkarten und Darlehen zu einem kostspieligen Problem für Banken wurden. Analysten von RBC schätzen derzeit, dass die Kfz-Finanzbranche insgesamt bis zu 23 Milliarden Pfund an Entschädigungen und Rechtskosten zahlen könnte.
Die Entschädigung für Verbraucher hängt dabei von der Art der Provisionen ab, die in jedem Fall an Autohändler gezahlt wurden. Bei den mittlerweile verbotenen "Ermessensprovisionsvereinbarungen" (DCAs), bei denen die Zinssätze für Kunden an die von den Händlern verdienten Gebühren gekoppelt waren, schätzt Patton den durchschnittlichen Anspruchswert auf zwischen 1.200 und 1.500 Pfund. Bei festen Provisionssätzen liege der Betrag niedriger, aber immer noch bei durchschnittlich etwa 400 Pfund.
Die Praktiken im Autokreditverkauf standen schon vorher auf dem Prüfstand der Aufsichtsbehörden: Die FCA verbot DCAs im Jahr 2021. In diesem Jahr kündigte sie eine Untersuchung potenzieller historischer Fehlverkäufe dieser Vereinbarungen an.
Dennoch war der Umfang des aktuellen Urteils deutlich breiter, da auch andere Formen von Kfz-Finanzierungsprovisionen für unrechtmäßig erklärt wurden, sofern sie nicht ordnungsgemäß offengelegt wurden. Branchenführer betonten jedoch, dass eine Kluft zwischen der Interpretation des Urteils und den Vorschriften der FCA bestehe.
Während weiterhin dringende Gespräche mit dem Schatzamt und den Aufsichtsbehörden stattfinden, wartet die FCA auf das Ergebnis eines möglichen Urteils des Obersten Gerichtshofs, bevor weitere Schritte unternommen werden.