Jerome Powell, Vorsitzender der US-Notenbank Federal Reserve und eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der Weltwirtschaft, hat mit seinem jüngsten Kommentar die globalen Märkte verunsichert und einen weltweiten Aktienverkauf ausgelöst.
Deutschlands, Frankreichs und Italiens Märkte verzeichneten heute Vormittag einen Rückgang von über einem Prozent, während der FTSE 100 um bis zu 0,6 % nachgab. Ein fast sechsprozentiger Einbruch der japanischen Aktienmärkte in der Nacht, das zweitgrößte Minus in der Geschichte des Nikkei-Index, verstärkte die weltweite Unsicherheit.
Noch vor kurzem hatten optimistische US-Verbraucher, hohe Staatsausgaben und die Euphorie um eine von Künstlicher Intelligenz getriebene Zukunft die Börsen zu immer neuen Höchstständen getrieben. Investoren vertrauten darauf, dass Powell eine sanfte wirtschaftliche Landung, also das Abwenden einer Rezession bei gleichzeitiger Bekämpfung der Inflation, herbeiführen könne. Doch über Nacht scheint dieses Vertrauen verflogen zu sein.
Am Donnerstagabend verzeichneten US-Aktien, angeführt von Technologiewerten, ebenfalls starke Einbrüche, und die Prognosen für den heutigen Freitag sehen auch für europäische Aktienmärkte trübe aus. Diese Negativentwicklung fällt zeitlich zusammen mit Powells Entscheidung, die Zinssätze erneut bei 5,5 % zu belassen.
Kiyoshi Ishigane, leitender Fondsmanager bei Mitsubishi UFJ Asset Management, zeigte sich überrascht: „Ich hätte nicht erwartet, dass die Aktien dermaßen stark fallen. Es gibt wohl Sorgen, dass die US-Wirtschaft erheblich einbrechen könnte.“
Der Markt wurde durch zwei zentrale Arbeitsmarktdaten erschüttert. Zum einen stiegen die Erstansprüche auf Arbeitslosenhilfe in den USA auf ein fast einjähriges Hoch und übertrafen damit die Erwartungen leicht. Zum anderen zeigte ein bedeutsamer Herstellungs-Index, dass die Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe den vierten Monat in Folge zurückging und den schlechtesten Wert seit der Pandemie erreichte.
Oliver Allen von Pantheon Macroeconomics kommentierte, dass dies ein beunruhigender Trend sein könnte, da Unternehmen aufgrund hoher Finanzierungskosten gezwungen sind, Kosten zu senken und Expansionspläne auf Eis zu legen. Thomas Ryan von Capital Economics ergänzte, dass die Fed möglicherweise zu spät dran sei, um die Politik zu lockern.
Matt Brizman von Hargreaves Lansdown kritisierte Powells zögerliches Handeln und äußerte die Befürchtung, dass das Szenario einer sanften Landung mittlerweile unrealistisch sei. Jim Reid von der Deutschen Bank wies darauf hin, dass die Finanzmärkte nun damit rechnen, dass die Fed die Zinssätze im kommenden Jahr drastisch senken wird – in einem Tempo, das bislang nur in Rezessionen beobachtet wurde.
Unterdessen erleben Technologieriesen, die in den letzten Jahren den Boom an den Aktienmärkten angeführt hatten, eine Schwächephase. Apple berichtete von den niedrigsten iPhone-Verkäufen seit drei Jahren, was die Aktienkurse des Technologie-Giganten belastete. Amazon und Intel standen ebenfalls unter Druck, da ihre Geschäftsprognosen und Quartalszahlen die Erwartungen enttäuschten.
Jonas Galtermann von Capital Economics wies zudem auf die politischen Risiken für Marktteilnehmer hin. Die kritische Haltung von Donald Trump und anderen Republikanern gegenüber Social Media könnte die Big-Tech-Aktien massiv beeinträchtigen. Hinzu kommt die geopolitische Spannungen mit China und die Anfälligkeit der technologieintensiven Lieferketten auf Taiwan bezogen.
Insgesamt sind die Stützen des Aktienmarkts erschüttert. Das Vertrauen in die Fed scheint nicht mehr unerschütterlich zu sein.