Viele fangen mit Apple an – und landen bei minus 30 Prozent
Der erste Schritt an die Börse ist für viele Junganleger ein Sprung ins kalte Wasser. Die Hoffnung: schnelle Gewinne, gerne mit bekannten Namen. Die Realität: nervöse Kurse, Informationsdefizite – und ein Depot, das schneller rot leuchtet, als einem lieb ist.
Besonders beliebt bei Börsenneulingen: Stockpicking, also die gezielte Auswahl einzelner Aktien. Am liebsten solche, von denen man „eh schon viel gehört hat“ – Tesla, NVIDIA, Amazon. Klingt logisch. Ist aber, gerade für Einsteiger, selten eine gute Idee.
Christine Benz, Finanzexpertin beim Analysehaus Morningstar, bringt es auf den Punkt: „Stockpicking ist eine schreckliche Strategie für Anfänger.“ Warum sie damit recht hat – und was man stattdessen tun sollte.
IW-Empfehlung #1:
Stockpicking ist kein Einstieg, sondern Fortgeschrittenenstoff
Einzelaktien wirken attraktiv: Man kennt das Unternehmen, vielleicht nutzt man sogar selbst die Produkte. Doch Bekanntheit ersetzt keine Bewertung. Und gerade am Anfang fehlt es oft an Fachwissen: Wie liest man einen Geschäftsbericht? Wie interpretiert man Kennzahlen? Wie bewertet man Risiken?
„Viele entscheiden sich für Aktien, weil sie die Firma kennen – nicht, weil sie sie verstanden haben“, warnt Benz.
Der Preis dafür kann hoch sein. Wer zum falschen Zeitpunkt einsteigt oder eine Kurskorrektur falsch einschätzt, verliert nicht nur Geld, sondern oft auch die Motivation.
IW-Empfehlung #2:
Breit streuen, ruhig bleiben – ETFs als Basis
Börseneinsteiger brauchen vor allem eins: Robustheit im Depot. Wer nicht alles auf eine Karte setzt, sondern sein Geld breit streut, kann zwischenzeitliche Schwankungen besser aushalten – und verringert das Risiko, durch einen einzigen Fehlgriff Verluste zu erleiden, die Jahre brauchen, um sich wieder auszugleichen.
Benz empfiehlt: marktbreite ETFs, also börsengehandelte Indexfonds, die viele Unternehmen auf einmal abbilden – etwa den MSCI World oder den S&P 500. Sie sind transparent, günstig und machen den Einstieg leicht. Die historische Datenlage spricht ebenfalls klar für diese Strategie: Langfristig bringen solche Fonds solide Renditen – ohne dass man ständig nachjustieren muss.

IW-Empfehlung #3:
Einzelaktien nur als Beimischung – maximal zehn Prozent
Wer trotzdem gerne eine Handvoll Einzelwerte im Depot haben möchte – etwa, weil das Investieren dadurch greifbarer wird –, sollte das bewusst als Ergänzung sehen. Maximal zehn Prozent des gesamten Portfolios, so Benz, könnten in Einzeltitel fließen. „Aber auch nur, wenn man sich der Risiken bewusst ist.“
Denn wer glaubt, mit ein paar YouTube-Videos und Nachrichtenartikeln aus dem Stand besser informiert zu sein als der Markt, unterschätzt, wie komplex und schnelllebig Börsenpsychologie und Fundamentaldaten tatsächlich sind.
IW-Empfehlung #4:
Chancen erkennen heißt, Risiken managen
Das oft zitierte Gegenargument kommt aus der Schule von Warren Buffett – und seinem langjährigen Weggefährten Charlie Munger. Der hielt Diversifikation für überschätzt. Sein Credo: Wer weiß, was er tut, braucht keine Streuung.
Doch Munger hatte jahrzehntelange Erfahrung, ein Analystenteam im Rücken – und Zugang zu Informationen, die Privatanleger selten haben. Für Neulinge gilt also: Diversifikation ist keine Schwäche, sondern Schutzmaßnahme.
Oder, wie Munger selbst einmal sagte: „Diversifikation ist sinnvoll – wenn man nicht weiß, was man tut.“ Und genau das trifft auf viele Einsteiger zu.
IW-Empfehlung #5:
Investieren ist ein Marathon, kein Sprint
Die besten Depots sind nicht die spektakulärsten. Sondern die, die stabil durch Krisen kommen und langfristig Substanz aufbauen. Wer mit klarem Plan investiert, regelmäßig spart und seine Emotionen im Griff hat, wird am Ende erfolgreicher sein als derjenige, der jeden Hype mitnimmt.
Kurzfristiges Denken, ungeduldige Entscheidungen und das berühmte „Fear of Missing Out“ (FOMO) führen oft zu impulsiven Trades – und selten zu Rendite.
Was Anfänger brauchen – und was nicht
Was sie brauchen:
- Ein ETF-Sparplan auf einen weltweiten Indexfonds
- Eine Reserve auf dem Tagesgeldkonto
- Ruhe, Disziplin und einen langfristigen Horizont
Was sie nicht brauchen:
- Einzelaktien auf Basis von Bauchgefühl
- Spekulation auf Kursraketen
- TikTok-Tipps von selbsternannten „Finfluencern“
Wer solide anfängt, bleibt auch langfristig dabei
Die Börse ist kein Kasino – und kein Selbstbedienungsladen. Wer sie als Instrument zum langfristigen Vermögensaufbau nutzt, braucht einen klaren Plan und das Wissen, wie man Risiken minimiert. Einzelaktien können spannend sein – aber sie sollten nicht der erste Schritt sein.
Die InvestmentWeek rät: Wer neu startet, fängt besser einfach an. Und bleibt dabei langfristig klüger investiert.