18. September, 2024

Wirtschaft

Boeing vor neuer Belastungsprobe: Größte Gewerkschaft startet Streik

Boeing vor neuer Belastungsprobe: Größte Gewerkschaft startet Streik

Beim angeschlagenen Flugzeugbauer Boeing ist die Lage erneut angespannt, denn die größte Gewerkschaft IAM hat einen Streik begonnen. Rund 33.000 Beschäftigte legen die Arbeit nieder, darunter auch die Bauteams des Bestseller-Modells Boeing 737. Mit einer überwältigenden Mehrheit von mehr als 90 Prozent lehnten die Arbeitnehmer ein Angebot ab, das eine Gehaltserhöhung von 25 Prozent über vier Jahre vorsah.

Ursprünglich hatte die Gewerkschaft eine Erhöhung um 40 Prozent gefordert. In der Abstimmung am Donnerstag wurde der am Sonntag verhandelte Vertrag mit einer Zustimmungsrate von lediglich 5,4 Prozent abgeschmettert. Satte 96 Prozent stimmten für den Streik, der pünktlich um Mitternacht in der Nacht zum Freitag begann, wie Gewerkschaftsvertreter bekannt gaben. Das geplante Abkommen beinhaltete zudem Verbesserungen bei Gesundheitskosten und Ruhestand.

Interessanterweise konnte auch das Zugeständnis, neue Modelle in gewerkschaftlich organisierten Werken zu bauen, den Arbeitskampf nicht verhindern. Boeing hatte diese zentrale Forderung der Gewerkschaft erfüllt, nachdem vor mehr als einem Jahrzehnt ein Werk im Bundesstaat South Carolina ohne Gewerkschaftsvertretung eröffnet wurde, um den 787 Dreamliner zu produzieren.

Die ohnehin angeschlagene Boeing kämpft mit weiteren Problemen: Die Produktion der 737 kann nach Auflagen der Luftfahrtaufsicht FAA erst nach verbesserten Qualitätskontrollen ausgeweitet werden. Ein Zwischenfall im Januar, bei dem bei einem Steigflug eines 737-9 ein Rumpf-Fragment herausbrach, verschärfte die Situation. Untersuchen der Unfallermittlungsbehörde NTSB ergaben, dass Befestigungselemente an dem Bauteil fehlten und Unterlagen zur Installation nicht auffindbar waren.

Sowohl Management als auch Gewerkschaftsführung appellierten in den vergangenen Tagen an die Belegschaft, den Tarif-Deal zu akzeptieren. Der neue Boeing-Chef Kelly Ortberg warnte davor, dass ein Streik den Weg aus der Krise erheblich erschweren würde. Stephanie Pope, Chefin der Verkehrsflugzeug-Sparte, verwies auf die Schuldenlast von über 60 Milliarden Dollar und betonte, dass der Konzern weitestgehend an die Schmerzgrenze gegangen sei.

Das letzte Mal hatte Boeing 2008 einen derartigen Streik erlebt, der 57 Tage dauerte und Analysten zufolge rund zwei Milliarden Dollar kostete. Damals nahmen die Beschäftigten Nullrunden oder Kürzungen hin, was ihre aktuell hohen Forderungen erklärt. Ein Boeing-Mitarbeiter kritisierte gegenüber dem "Wall Street Journal", dass das Einstiegsgehalt nach dem neuen Vertrag bei lediglich 21 Dollar pro Stunde liegt – vergleichbar mit dem Niveau einer lokalen Burger-Kette.