22. September, 2024

Wirtschaft

Boeing vor neuen Herausforderungen: Gewerkschaftsstreik verschärft finanzielle Lage

Boeing vor neuen Herausforderungen: Gewerkschaftsstreik verschärft finanzielle Lage

Der traditionsreiche US-Flugzeugbauer Boeing sieht sich erneut einer großen Herausforderung durch die Gewerkschaft der Internationalen Vereinigung der Maschinisten (IAM) gegenübergestellt. 16 Jahre nach dem großen Boeing-Gewerkschaftsstreik im Jahr 2008, als die Verhandlungen mit der IAM zum Stillstand kamen und ein zweimonatiger Streik folgte, ist die IAM erneut in den Streik getreten, nachdem auch die neuesten Tarifverhandlungen ohne Einigung endeten. Während die Gegebenheiten von damals und heute gewisse Parallelen aufweisen, sind es jedoch die differierenden Umstände, die diese neue Auseinandersetzung besonders kritisch machen. Vor 16 Jahren verzeichnete Boeing sein profitabelstes Jahr mit einem Gewinn von 4,1 Milliarden Dollar, beinahe das Doppelte im Vergleich zu 2006. Die Gewerkschaft forderte damals eine 13-prozentige Lohnerhöhung über drei Jahre, was letztlich zu einer 15-prozentigen Erhöhung über vier Jahre führte. Heute verlangen die Gewerkschaftsmitglieder einen Lohnanstieg von 40 Prozent über vier Jahre, fast das Dreifache der damaligen Forderung. Zwar hatten die Verhandlungspartner bereits ein Paket mit 25 Prozent Lohnerhöhung über vier Jahre vereinbart, jedoch lehnten die Gewerkschaftsmitglieder dies ab und entschieden sich für den Streik. Die finanzielle Situation von Boeing ist zurzeit weitaus angespannter. Nachdem das Unternehmen bereits durch verschiedene Probleme wie das 787 Dreamliner-Programm und das 737 MAX-Flugzeug geplagt wurde, kam noch die schwache Nachfrage nach kommerziellen Flugzeugen während der Pandemie hinzu. Diese Situation führte dazu, dass Boeing in den letzten fünf Jahren kontinuierlich Verluste machte. Laut Daten von S&P Global Market Intelligence betrug der Verlust im Jahr 2023 2,2 Milliarden Dollar und im ersten Halbjahr 2024 fast 1,8 Milliarden Dollar. Sollten die Lohnforderungen der IAM durchgesetzt werden, könnte sich die finanzielle Lage von Boeing weiter verschlechtern. In der derzeitigen Streiksituation, in der die Produktion der 737-Flugzeuge gestoppt ist, verlieren sie 500 Millionen Dollar pro Woche, was die monatlichen Verluste dramatisch erhöht. Trotz Maßnahmen wie Gehaltskürzungen des neuen CEO Kelly Ortberg, Entlassungen von nicht-essentiellen Auftragnehmern und Zwangsurlauben für Büroangestellte, bleibt die finanzielle Belastung groß. Die Einschätzung von Analysten wie Sheila Kahyaoglu von Jefferies zeigt, dass selbst bei einer 25-prozentigen Lohnerhöhung über vier Jahre die jährlichen Arbeitskosten auf 900 Millionen Dollar steigen würden. Eine 40-prozentige Erhöhung würde diese Kosten auf 1,4 Milliarden Dollar anwachsen lassen. Positiv sei zu vermerken, dass Boeing nach prognostizierten Verlusten in diesem und den vergangenen Jahren 2025 wieder profitabel sein könnte. Experten von S&P Global erwarten einen Nettogewinn von bis zu 3,6 Milliarden Dollar. Dennoch wird ein Großteil dieses Gewinns durch die gestiegenen Lohnkosten aufgezehrt werden. Für Investoren, die aufgrund der zukünftigen Bewertung Boeings mit 37-fachem Gewinn von einer Kaufgelegenheit ausgehen, könnte dies eine unangenehme Überraschung bedeuten.