Nachdem bei einem Zwischenfall mit einer Boeing-Maschine ein Rumpfteil im Flug herausbrach, hat die US-Luftfahrtbehörde FAA Ermittlungen gegen den Flugzeughersteller eingeleitet. Die Untersuchungen könnten weitreichende Konsequenzen haben, da die Umstände darauf hindeuten, dass Boeing möglicherweise seine Verpflichtungen bei Produktion, Inspektionen und Tests vernachlässigt hat. Dies geht aus einem am Donnerstag veröffentlichten Brief der FAA an Boeing hervor. Bereits am Wochenende hatte die FAA angeordnet, Flugzeuge vom Typ Boeing 737-9 Max am Boden zu lassen und zu inspizieren, nachdem das Rumpfteil bei einem Flug von Alaska Airlines kurz nach dem Start herausgerissen war. Bei weiteren Überprüfungen entdeckten Alaska und United Airlines lockere Befestigungsteile an ähnlichen Stellen bei weiteren Flugzeugen dieses Typs. Branchenexperten berichten zudem von ähnlichen Problemen bei rund 15 Maschinen der United-Flotte. Der Rumpf der betroffenen Boeing-Modelle wird größtenteils von Spirit Aerosystems hergestellt und anschließend im Boeing-Werk weiterverarbeitet. In einem TV-Interview betonte Boeing-Chef Dave Calhoun, dass der Konzern selbst einen Fehler gemacht habe und deshalb nicht mit dem Finger auf andere zeige. Brancheninsider berichten, dass Mitarbeiter von Boeing die Befestigung des identischen Rumpfteils an der gegenüberliegenden Seite nach der Lieferung von Spirit nachgezogen haben. Die FAA gibt Boeing nun zehn Werktage Zeit, die Ursachen des Zwischenfalls zu erklären und Maßnahmen zu ergreifen, um eine Wiederholung zu verhindern. Der Zwischenfall hätte nicht passieren dürfen, so die Behörde. Boeing bekräftigte nach Erhalt des FAA-Briefs erneut, dass man transparent mit der Luftfahrtbehörde und der Unfallermittlungsbehörde NTSB zusammenarbeiten werde. Konzernchef Dave Calhoun versprach bereits diese Woche eine vollständige Aufklärung des Vorfalls und betonte, dass man zuerst den eigenen Fehler eingestehen werde. Glücklicherweise sind bei dem Zwischenfall alle rund 170 Passagiere mit dem Schrecken davongekommen, da die beiden Sitze direkt neben dem herausgebrochenen Rumpfteil leer waren. Die Untersuchungen gegen Boeing kommen zu einem ungünstigen Zeitpunkt für den Flugzeughersteller, der im vergangenen Jahr erneut deutlich hinter seinem europäischen Konkurrenten Airbus zurückblieb. Airbus übergab trotz angespannter Lieferketten 735 Verkehrsflugzeuge an seine Kunden und konnte damit über 200 mehr ausliefern als Boeing. Zudem sicherte sich Airbus Bestellungen über mehr als 2000 Jets, was einen Branchenrekord darstellt. Der Auftragsbestand erreichte mit knapp 8600 Flugzeugen ebenfalls einen Rekordwert.