Ein Gesetz, das Hoffnung machte
Seit gut zwei Jahren bietet das Chancen-Aufenthaltsrecht zehntausenden Geduldeten in Deutschland die Möglichkeit, dauerhaft bleiben zu dürfen – wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen.
Wer schon fünf Jahre im Land war, nicht straffällig wurde, sich integrierte, Deutsch lernte und seine Identität offenlegte, bekam eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe. Rund 82.000 Menschen haben davon Gebrauch gemacht. Für viele bedeutete das: zum ersten Mal Sicherheit, zum ersten Mal eine echte Perspektive.
Doch damit könnte bald Schluss sein.
CDU will nicht verlängern
Ende 2025 läuft das Gesetz aus. Die CDU will es nicht über diesen Zeitpunkt hinaus fortführen. Innenpolitiker Alexander Throm stellt klar: Es werde keine Verlängerung geben.
Stattdessen setzt die Union auf ein neues, enger gefasstes Bleiberecht – für „bestens Integrierte“, die seit Jahren arbeiten, ihre Identität geklärt haben und „die Gesetze einhalten“.
Das Chancen-Aufenthaltsrecht dagegen sei zu großzügig gewesen – so das Argument. Vor allem, weil es auch Menschen einschloss, die in der Vergangenheit wiederholt falsche Angaben zu ihrer Identität gemacht hatten.
AfD geht das alles nicht weit genug
Während die CDU das Gesetz still auslaufen lassen will, fordert die AfD ein sofortiges Ende. Der Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmaier sieht darin einen „Freifahrtschein für Identitätstäuscher“.

Er verlangt, dass die Ampel-Regelung „umgehend beendet“ wird – und zwar nicht erst Ende 2025. Dass viele der Betroffenen mittlerweile arbeiten, Deutsch sprechen oder Kinder in der Schule haben, interessiert die Partei nicht. Ihr geht es ums Signal.
Was war das Chancen-Aufenthaltsrecht überhaupt?
Das Gesetz trat Ende 2022 in Kraft. Es richtete sich an Menschen, die am 31. Oktober 2022 bereits seit mindestens fünf Jahren in Deutschland lebten – geduldet, mit Aufenthaltsgestattung oder Aufenthaltserlaubnis.
Für 18 Monate bekamen sie eine „Chance“: Wenn sie in dieser Zeit Arbeit aufnahmen, sich integrierten, nicht straffällig wurden und ihre Identität klärten, winkte ein dauerhaftes Bleiberecht.
Straftäter und Personen, die sich der Identitätsklärung entzogen hatten, waren eigentlich ausgeschlossen – aber nicht jeder Fall ließ sich eindeutig abgrenzen.
Das neue CDU-Modell: Bleiberecht light
Der Vorschlag der Union sieht nun eine neue Regelung vor, die sich gezielt an gut integrierte Geduldete richtet. Voraussetzung: mindestens vier Jahre ununterbrochener Aufenthalt, eigenständige Lebenssicherung, gute Deutschkenntnisse, geklärte Identität.
Es ist eine Rückkehr zum klassischen Muster: Nur wer sich „würdig“ zeigt, darf bleiben. Sozialverbände wie Pro Asyl kritisieren: Das sei ein Rückschritt – nicht nur inhaltlich, sondern auch symbolisch.
Integration? Nur, wenn sie passt
In der Praxis bedeutet das Auslaufen des Chancen-Aufenthaltsrechts für viele: zurück in die Ungewissheit. Wer den Übergang in ein reguläres Bleiberecht nicht rechtzeitig schafft, landet wieder in der Duldung – mit all ihren Einschränkungen.
Kein sicherer Aufenthalt, keine langfristige Perspektive, oft nur eingeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt. Und das, obwohl viele der Betroffenen längst in Deutschland angekommen sind – im Alltag, im Berufsleben, in der Nachbarschaft.
Zahlen, die der Debatte fehlen
Laut Innenministerium wurden bis Ende Februar 82.474 Aufenthaltserlaubnisse auf Probe im Rahmen des Gesetzes erteilt. Rund 6.000 davon entfielen auf Personen, deren Identität zunächst ungeklärt war.
Das ist die Zahl, an der sich Kritiker reiben. Doch was oft fehlt in der Debatte: Der weitaus größere Teil der Antragsteller erfüllt alle Bedingungen – sie arbeiten, zahlen Steuern, sprechen Deutsch, leben integriert.
Was bleibt?
Ein Gesetz, das vielen geholfen hat, wird nicht fortgeführt. Die Union zieht eine klare Linie, die AfD fordert einen radikalen Schnitt. Für die Betroffenen bleibt ein Gefühl der Unsicherheit – und das Wissen, dass Integration zwar gewollt ist, aber nicht immer belohnt wird. Wer bleibt, entscheidet nicht mehr nur das Leben in Deutschland, sondern immer stärker die politische Großwetterlage.
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